Dienstag, 21. September 2021

Arbeitszeit, Urlaubstage in der Quarantäne, Zeugnisformulierung

Marcus Michel, Vorstand FCH Gruppe AG

Die Entwicklungen im Arbeitsrecht werden wie immer geprägt durch die laufende Arbeitsrechtsprechung und somit lohnt es sich gelegentlich, einen Blick auf die aktuellen Entscheidungen zu werfen. Gerade auch die Corona-Pandemie hat in einigen Bereichen des Personalwesens zu Unsicherheiten geführt, die nun auch bei den Arbeitsgerichten verhandelt werden. Neben der aktuellen Diskussion um Lohnfortzahlungsansprüchen von Ungeimpften bei Quarantäneanordnungen wurde im Juli bereits zum Thema „Nachgewährung von Urlaubstagen“ bei einer Quarantäneanordnung durch das Arbeitsgericht Bonn ein Urteil gesprochen (2 Ca 504/21). Hier ein Auszug aus der Urteilsbegründung:


Keine Nachgewährung von Urlaubstagen bei Quarantäne wegen Corona-Infektion

„Es besteht kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer Quarantäneanordnung wegen einer Infektion mit dem Coronavirus. Die Voraussetzungen von § 9 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) für die Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer Arbeitsunfähigkeit lagen nicht vor. Diese Regelung bestimmt, dass bei einer Erkrankung während des Urlaubs die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeitstage auf den Jahresurlaub nicht angerechnet werden. Eine behördliche Quarantäneanordnung steht einem ärztlichen Zeugnis über die Arbeitsunfähigkeit allerdings nicht gleich. Die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers obliegt alleine dem behandelnden Arzt. Eine analoge Anwendung von § 9 BUrlG bei einer behördlichen Quarantäneanordnung aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus scheidet aus. Es liegt weder eine planwidrige Regelungslücke noch ein mit einer Arbeitsunfähigkeit vergleichbarer Sachverhalt vor. Eine Erkrankung mit dem Coronavirus führt nicht zwingend und unmittelbar zu einer Arbeitsunfähigkeit.“


Wer trägt die Beweislast für erbrachte Überstunden?

Das Thema „Arbeitszeiterfassung“ und insbesondere die Dokumentation von Überstunden beschäftigen die Arbeitsgerichte immer wieder und somit ist es nicht verwunderlich, dass sich nun im Rahmen der verschiedenen Instanzen auch der EuGH mit dem Themenkomplex beschäftigen musste. Generell hat der EuGH schon 2019 entschieden, dass die Mitglied­staaten Arbeitgeber grundsätzlich zur Arbeitszeiterfassung verpflichten müssen (Urteil vom 14.05.2019, C-55/18). Jedoch gilt diese Verpflichtung nicht unmittelbar für die Arbeitgeber, wie der EuGH selbst betont hat, sondern muss erst durch die nationalen Gesetzgeber umge­setzt werden.

In dem aktuellen Streitfall ging es nun darum, wer mit Blick auf die tatsächlich erbrachten Überstunden beweispflichtig (z. B. für eine Auszahlung bei Ende des Arbeitsverhältnisses) ist.

Nach konträren Entscheidungen von Arbeitsgerichten hat das LAG Niedersachsen (5 Sa 1292/20) nun entschieden, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Vergütung von Über­stunden den Arbeitnehmer trifft. Aus dem Urteil des EuGH (C-55/18) folgte keine unmittelba­re Pflicht der Arbeitgeber zur Arbeitszeiterfassung!

 

Was muss am Ende eines Arbeitszeugnisses tatsächlich stehen?

Streitigkeiten um die Formulierungen in Arbeitszeugnissen (Zeugnissprache) sind inzwischen schon oftmals von verschiedensten Arbeitsgerichten entschieden worden. Nun hat das Landesarbeitsgericht München (3 Sa 188/21) entschieden, dass ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf „Ausdruck des Bedauerns oder gute private Wünsche“ im Arbeitszeugnis hat! In der Urteilsbegründung führt das LAG u. a. aus: „…. es bestehe kein Anspruch auf eine Bescheinigung eines Bedauerns bei nur guter Verhaltens- und Leistungsbewertung, da dies bei einer solchen nicht üblich sei. Ohne Bedauernsausdruck sei das Zeugnis auch nicht in sich widersprüchlich. Dies gelte erst recht, da die Klägerin einen gesteigerten Bedauernsausdruck verlange.

Der – auch im Hilfsantrag – begehrten Aufnahme privater guter Wünsche sei bereits deshalb nicht zu entsprechen, weil das Zeugnis dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers diene, wobei private Wünsche fehl am Platz seien. Wünsche für die private Zukunft berührten den Bereich der Erwerbstätigkeit des Arbeitnehmers nicht….“

 

PRAXISTIPP

  • Die Arbeits-Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wird in nächster Zeit deutlich dynamischer, da hier eine Vielzahl von verschiedenen Fallkonstellationen anhängig sind. Dies sollte beobachtet werden, da gerade auch der Bereich der Lohnfortzahlung sonst schnell zu Streitpunkten mit den verschiedenen SV-Trägern führen kann.

Beitragsnummer: 18333

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