Donnerstag, 16. November 2023

Jahresentgelt bei Riester-Bausparverträgen

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

 

In seinem Urteil vom 05.10.2023, 2 – 28 O 93/23, hat das Landgericht Frankfurt am Main entschieden, dass das bei Riester-Bausparverträgen nach dem Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetz (nachfolgend AltZertG bezeichnet) vereinnahmte Jahresentgelt gemäß § 2a S. 1a AltZertG AGB-rechtlich wirksam ist. Im Wesentlichen hat dies das Landgericht Frankfurt damit begründet, dass es sich bei § 2a S. 1a AltZertG um eine materielle Erlaubnisnorm handelt, welche es der Bausparkasse ausdrücklich erlaubt, ein Jahresentgelt zu verlangen. Hierzu führt das Landgericht Frankfurt unter Hinweis auf die zum AltZertG ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.11.2012 (XI ZR 292/10, NJW 2013, 368) aus:

Das AltZertG regelt zwar nicht die materiellen Voraussetzungen bestimmter Anlagen, sondern die Bedingungen für die Zertifizierung durch die BaFin. Der BGH entnimmt den Regelungen im AltZertG aber Leitlinien für die Gestaltung von Altersvorsorgeverträgen. Der BGH führt hierzu aus, dass im AltZertG die Mindestvoraussetzungen für Produkte zur Altersvorsorge formuliert werden und die Zertifizierungsbehörde nicht prüft, ob ein Altersvorsorgevertrag wirtschaftlich tragfähig ist und ob die Vertragsbedingungen zivilrechtlich wirksam sind. Doch gleichwohl könnten dem AltZertG Leitlinien für die Gestaltung von Altersvorsorgeprodukten entnommen werden. Es könne nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber einerseits eine bestimmte Kostenverteilung im Zusammenhang mit der Zertifizierung billige, sie andererseits aber nicht als Leitbild für die Verteilung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten lassen wollte (BGH, Urteil v. 07.11.2012, IV ZR 292/10, NJW 2013, 368). Diese Rechtsprechung ist auf die streitgegenständlichen Klauseln übertragbar. Die in den angefochtenen Klauseln getroffenen Abrede entsprechen dem aus der Vorschrift des § 2a S. 1a AltZertG zu entnehmenden Leitbild. Nach diesem Leitbild darf ein jährliches Entgelt in Altersvorsorgeverträgen vorgesehen werden für Abschluss- und Vertriebskosten sowie Verwaltungskosten. Nichts anderes erfolgt mit den angefochtenen Regelungen. Es bedarf daher auch keiner konkreten Bestimmung innerhalb der Regelung, wofür das Entgelt genau erhoben wird.

 

PRAXISTIPP
Mit vorstehender Entscheidung hat das Landgericht Frankfurt – soweit ersichtlich – als erstes Instanzgericht das Jahresentgelt bei sogenannten Riester-Bausparverträgen für zulässig erachtet und sich dabei der ausführlich begründeten Rechtsauffassung von Freise (JurisPR-BKR 3/2022 Anm. 1), den Schlichtungssprüchen des Bundesverbandes öffentlicher Banken vom 23.06.2023 (Vorgangsnummer 1424/22, 1431/22, 1579/22) sowie den Schlichtungssprüchen der Sparkassen-Schlichtungsstelle vom 05.01.2022 sowie vom 21.12.2021 völlig zu Recht angeschlossen und das Jahresentgelt bei sogenannten Riester-Bausparverträgen als AGB-rechtlich rechtswirksam vereinbart angesehen.

Nunmehr bleibt abzuwarten, ob weitere Instanzgericht und insbesondere der Bundesgerichtshof dieser nach hiesiger Auffassung sehr überzeugenden Rechtsauffassung des Landgerichts Frankfurt folgen werden.


Beitragsnummer: 22374

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