Donnerstag, 14. Dezember 2023

Interview mit Prof. Dr. habil. Stephan Schöning & RA Jochen Rechtmann

Herausgeberinterview zur Buchneuerscheinung Konsortialkreditgeschäft: Kredit- & Sicherheitenverträge in der Praxis


Prof. Dr. habil. Stephan Schöning

Rechtsanwalt Jochen Rechtmann


Das Konsortialkreditgeschäft ist herausfordernd. Es bietet vielfache Chancen, das Kreditportfolio zu ergänzen oder auch zu optimieren. Wie Sie Herausforderungen meistern, erfahren Sie in diesem Buch!

Herausgeber Prof. Dr. habil. Stephan Schöning und Rechtsanwalt Jochen Rechtmann im Interview mit Kristin Viereck, stellv. Fachbereichsleiterin Kredit, Immobilien, Sanierung, Insolvenz, FCH AG zur Neuerscheinung „Konsortialkreditgeschäft: Kredit- & Sicherheitenverträge in der Praxis“.


Kristin Viereck:

Das Konsortialgeschäft wird oftmals als (zu) kompliziert angesehen. Aktuell erscheint zudem noch die wirtschaftliche Entwicklung als herausfordernd. Warum sollte man sich gerade jetzt intensiver mit dem Konsortialgeschäft beschäftigen – auch mit Blick auf eventuelle Vorteile für das kreditsuchende Unternehmen?

Antwort Interviewpartner Prof. Dr. Schöning:

In der Tat ist die wirtschaftliche Entwicklung für viele Unternehmen herausfordernd, aber eben auch für Banken. Auf Seiten der Unternehmen machen globale, volkswirtschaftliche Effekte und ein verändertes Finanzierungsumfeld eine Anpassung der unternehmerischen Planungen und Zielvorgaben erforderlich. Auf Seiten der Banken verändern die gravierenden geopolitischen Konflikte und die damit verbundenen Konsequenzen für die (Welt-)Wirtschaft das Risikobewusstsein der Finanzierungspartner und führen zu erhöhten Kreditauflagen zur Risikobegrenzung. Hinzukommen regulatorische Anforderungen und die enormen Belastungen der Erfolgssituation durch die erforderlichen Wertkorrekturen bei den Eigenanlagen (Depot-A durch den abrupten Zinsanstieg). Diese lassen Banken aktuell vorsichtig bei der Vergabe von größeren Einzelkrediten agieren. Grundsätzlich gilt hier: Je höher das Geschäftsrisiko, desto höher das Streben der Banken nach Sicherheit durch einen Konsortialkredit. Natürlich gestaltet sich die Aufnahme eines bilateralen Kredits einfacher als die eines Konsortialkredits, aber in der aktuellen Situation ist es für Kreditnehmer erforderlich, hier flexibel zu sein. Um die Investitionen und die unternehmerische Transformation bewältigen zu können, steht speziell das Streben nach Finanzierungssicherheit durch feste Laufzeitzusagen im Fokus vieler Unternehmen. Hier haben Konsortialkredite durch ihr asymmetrisches Kündigungsrecht große Vorteile für Kreditnehmer. Als weitere Vorteile sind ein höheres Kapitalangebot, die Erschließung neuer Finanzierungspartner und ein hohes Maß an Transparenz auch bei der Konditionengestaltung zu nennen. Bei Konsortialkrediten handelt es um ein flexibles Finanzierungsinstrument mit vielen Gestaltungsmöglichkeiten, das sich individuell an die Bedürfnisse des Kreditnehmers und auch an sich verändernde Umstände anpassen lässt. Zudem handelt es sich bei Konsortialkrediten um eine seit langem etablierte Kreditart mit einem syndizierungsfähigen Marktstandard. Der standardisierte Kreditprozess ermöglicht in der Regel eine zeitnahe Einräumung des Kredits. 


Kristin Viereck:

Wir befinden uns in (einer) der größten (industriellen) Transformation seit langem. Für diese Transformation werden massive Investitionen notwendig, die auch finanziert werden müssen. Welche Rolle kann hier das Konsortialkreditgeschäft einnehmen?

Antwort Interviewpartner Prof. Dr. Schöning: 

Investitionen in Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind entscheidend für die Zukunft von Unternehmen. Ob bei der Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien, der energetischen Sanierung von Verwaltungs- und Fabrikationsgebäuden oder Neuausrichtung des Geschäftsmodells, bei allen Veränderungen in Unternehmen sind zum Teil sehr große Investitionsvolumina zu stemmen. Damit stoßen die Finanzierungsmöglichkeiten der Hausbank schnell an Grenzen und der Konsortialkredit kommt ins Spiel. Für eine langfristige großvolumige Finanzierung ist ein stabiles Bankenkonsortium wichtig. Für die Finanzierung von nachhaltigkeitsbezogenen Investitionen mittels Konsortialkreditvertrag kann individuellen Themenstellungen rund ums Thema Nachhaltigkeit Rechnung getragen werden. So haben sich mittlerweile spezielle Formen des Konsortialkredits entwickelt, bei denen das Erreichen bestimmter Umweltziele Bestandteil des Kreditvertrages ist. Dies steht im Zusammenhang mit dem „Green Deal“ der Europäischen Union, bei dem über Kreditinstitute Anreize auf Unternehmen ausgeübt werden sollen, nachhaltiger zu werden. Da die Bankenaufsicht neuerdings von Banken die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Kreditvergabe fordert, „durchforsten“ Banken aktuell ihr Kreditportfolio und begrüßen „grüne“ Kredite. Bei Konsortialkrediten kann das aufgebaute Know-how zur Bonitätsbeurteilung bei speziellen Finanzierungsarten, etwa im Erneuerbaren-Energie-Segment, geteilt werden. 

 

Kristin Viereck:

„Der sicherste Kredit ist der Blankokredit.“ So lautet eine „alte Bankerweisheit“. Dem Thema „Sicherheiten“ kommt allerdings vollkommen zu recht auch im Konsortialkreditgeschäft eine besondere Bedeutung zu. Gerade dann, wenn sich das kreditierte Unternehmen auf eine Restrukturierung zubewegt oder sich bereits darin befindet. Welche Chancen & Herausforderungen sehen Sie bei einer Restrukturierung im Konsortialkreditgeschäft?

Antwort Interviewpartner Jochen Rechtmann: 

Die alte Bankerweisheit, wonach der sicherste Kredit der Blankokredit ist, gilt mehr denn je. Allerdings ist sie in dem Sinne zu verstehen, dass Blankokredite nur solchen Kreditnehmern gewährt werden können, deren Bonität über jeden Zweifel erhaben ist. Schon seit der Einführung des Schutzschirmverfahrens bestand für ungesicherte Finanzgläubiger ein nicht unerhebliches Risiko, im Falle einer Krise überproportional zu Sanierungsbeiträgen herangezogen zu werden. Dieses Risiko hat sich mit der Einführung des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) vom 22.12.2020 nochmals deutlich erhöht. Erste nach diesem Gesetz bestätigte Restrukturierungspläne belegen, dass es möglich ist, ungesicherte Kreditforderungen in erheblicher Größenordnung auch außerhalb einer Insolvenz gegen den Willen der Kreditgeber abzuschneiden, wenn sich Kleingläubiger, die in einer anderen Gläubigergruppe angesiedelt werden, zu entsprechenden Forderungsverzichten bereitfinden und auf diese Art und Weise eine Majorisierung der großen Finanzgläubiger ermöglichen. Insolvenzfeste Sicherheiten sowohl am Anlage- als auch am Umlaufvermögen des Kreditnehmers sind daher eine Grundbedingung dafür, dass die Finanzgläubiger auch in rechtsförmigen Verfahren Einfluss auf die Restrukturierung des Kreditnehmers nehmen und ihre berechtigten Interessen wahren können.

 

Kristin Viereck:

Welche Überlegungen sollten Kreditinstitute zwingend anstellen bzw. welche Kernpunkte sind essenziell, wenn sie ein Konsortialkreditgeschäft betreiben/eingehen? Wie kann das Buch die Häuser dabei unterstützen?

Antwort Interviewpartner Stephan Schöning: 

Die Beteiligung an einem Konsortialkredit kann für Kreditinstitute mehrere Vorteile mit sich bringen: Sie ermöglicht es regional tätigen Kreditinstituten, sich auch an Krediten außerhalb des Geschäftsgebietes zu beteiligen. Somit können Konzentrations- bzw. Klumpenrisiken im Kreditportfolio, die z. B. aufgrund der regionalen Wirtschaftsstruktur bestehen, reduziert werden. Gerade für kleinere Kreditinstitute besteht zudem die Möglichkeit, an Krediten an größeren Unternehmen beteiligt zu sein, die als Einzelinstitut nicht darstellbar sind. Außerdem kann die Geschäftsverbindung bei eigenen Kunden intensiviert und ausgebaut werden. Dadurch lassen sich weitere Erträge generieren und Cross-Selling-Potenziale können erschlossen werden. Eine grundsätzliche Erörterung der verschiedenen Beteiligungsmotive liefert der vordere Teil des vorliegenden Praxisratgebers.

Trotz der Vorteile erfordert der Einstieg ins Konsortialkreditgeschäft aufgrund der aufwändigeren Vertragsbeziehungen innerhalb des Konsortiums den Aufbau von spezifischem Know-how. Es ist daher wenig sinnvoll, sich nur unregelmäßig an Kreditkonsortien zu beteiligen. Know-how ist in allen Phasen einer Konsortialkredittransaktion erforderlich, aber in besonderem Maße in Bezug auf die Sicherheiten und beim Auftreten von Schieflagen des Kreditnehmers. Die Relevanz wird durch die aktuellen Meldungen zum Konsortialkredit von Signa Sports United unterstrichen. 

Antwort Interviewpartner Jochen Rechtmann: 

Teil der Entscheidung eines Kreditinstituts, Konsortialkreditgeschäft zu betreiben, ist die Frage, ob es auch zur Übernahme der Konsortialführerschaft bereit ist. Die Bereitschaft und Fähigkeit zur Übernahme der Konsortialführerschaft erhöht natürlich erheblich die Möglichkeiten, eigenen Kunden Konsortialkredite anzubieten und entscheidenden Einfluss auf deren Ausgestaltung zu nehmen. Andererseits verlangt die Übernahme der Konsortialführerschaft deutlich mehr Expertise und bindet auch größere Ressourcen als die Teilnahme an Konsortialkrediten als einfacher Konsorte. Dies gilt insbesondere, wenn die Restrukturierung eines Konsortialkredits erforderlich wird. Das Buch kann sowohl bei der Entscheidungsfindung über den Aufbau entsprechender Kapazitäten Hilfestellung leisten als auch als Leitfaden und Ratgeber dienen, wenn sich ein Kreditinstitut dafür entscheidet, auch Konsortialführungen zu übernehmen.


Beitragsnummer: 22416

Beitrag teilen:

Produkte zum Thema:

Produkticon
Konsortialkreditgeschäft: Kredit- & Sicherheitenverträge in der Praxis

119,00 € inkl. 7 %

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit Google Analytics aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Hierbei kommt es auch zu Datenübermittlungen an Google in den USA. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Google Analytics.