Montag, 15. Januar 2024

Geldpolitik: Warum der Mindestreservesatz nicht erhöht werden sollte

Die Überschussliquidität der Banken bei der Bundesbank war zur Krisenbewältigung sehr wichtig und generieren keine ungerechtfertigten Erträge

Dr. Matthias Hillmer, Leiter der Beratungsabteilung der DZ BANK AG für die Gesamtbanksteuerung der Genossenschaftsbanken in Deutschland bzw. in den Jahren 2007 bis 2022 zuständig für das Verbriefungsgeschäft der DZ BANK AG. Er gibt in diesem Beitrag seine persönliche Meinung wieder.

I. Überschussliquidität der Banken seit 2020 stark gestiegen

Die EZB hat im Zuge der globalen Krisen der letzten Jahre dem Finanzsystem durch verschiedene geldpolitische Maßnahmen bewusst umfangreich Liquidität zur Verfügung gestellt. Zum einen wurden den Banken ab Juni 2014 gezielt längerfristige Refinanzierungsgeschäfte angeboten (GLRG I-II, LTROs). Ab März 2019 wurde dies noch einmal durch die großvolumigen TLTRO-Kreditausleihungen über drei Jahre verstärkt. Zum anderen wurden festverzinsliche Wertpapiere zu geldpolitischen Zwecken in historischem Ausmaß im Rahmen von Sonderprogrammen (APP, PEPP) angekauft. Betrachtet man hierbei die auf Deutschland entfallenden Anteile, so haben die Forderungen aus geldpolitischen Operationen ihren Höhepunkt im Ausweis der Bundesbank im Dezember 2021 mit EUR 441 Mrd. gefunden. Die zu geldpolitischen Zwecken von der Bundesbank angekauften Wertpapiere hatten im Juni 2022 die enorme Summe von EUR 1.095 Mrd. erreicht und sind seither laut letztem Ausweis der Bundesbank per Dezember 2023 gerade mal um EUR 79 Mrd. zurückgegangen. Zusammen machen die Aktiva aus geldpolitischen Zwecken damit in den letzten Jahren bis zu 48 % der Bilanzsumme der Bundesbank aus, während es in den Jahren 2010 bis 2015 noch um die 20 % der Bundesbankbilanz waren.

Diese geldpolitischen Stützungsmaßnahmen hatten ihren Sinn und haben sicher entscheidend zur Krisenbewältigung insgesamt beigetragen. Die Wertpapierankäufe haben den großen Unternehmen direkt langfristige Finanzierungsmittel zur Verfügung gestellt und die Zinskonditionen für die gesamte Wirtschaft sowie die private Kreditnachfrage wirksam nach unten gedrückt. Gleichzeitig haben die günstigen TLTRO-Mittel das Kreditgeschäft der Banken unterstützt und wie gewünscht generell die Liquidität im Bankensektor hoch gehalten. Die von den Banken bei der Bundesbank gehaltenen Einlagemittel die über das Mindestreserve-Soll hinausgehen, sind infolgedessen deutlich angestiegen.

Die im Jahresabschluss der Bundesbank ausgewiesene Passivposition „Verbindlichkeiten in Euro aus geldpolitischen Operationen gegenüber Kreditinstituten im Euro-Währungsgebiet“ machte zum Jahresende 2022 stolze EUR 1.200 Mrd. aus (41,3 % der Bilanzsumme), wovon nur EUR 46,6 Mrd. für das Mindestreserve-Soll (MR-Soll) benötigt werden.

Der Differenzbetrag von EUR 1.153 Mrd. wird hier als „Überschussliquidität der Banken“ in Deutschland bezeichnet, die sie bei der Bundesbank über das MR-Soll hinaus halten. In Abbildung 1 ist der zeitliche Verlauf dieser Überschussliquidität deutscher Banken im Vergleich zu den Aktiva aus geldpolitischen Zwecken der Bundesbank dargestellt.

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Beitragsnummer: 22424

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