Dienstag, 6. Februar 2024

MaRisk-Kreditwürdigkeitsprüfung: Bedeutung der Unternehmensplanung

Tobias Nellinger, Partner, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und

Florian Balz, CFA, Manager Corporate Finance, dhmp NEXT GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft

Die Beurteilung der Kreditwürdigkeit sowie Kapitaldienstfähigkeit basierte in der Vergangenheit nahezu ausschließlich auf der Auswertung vergangenheitsbezogener Daten, insbesondere Jahresabschlüssen, Zwischenabschlüsse, sogenannter Betriebswirtschaftlicher Auswertungen inkl. Summen- und Saldenlisten etc. Zukunftsbezogene Unterlagen spielten aus regulatorischer Sicht eine untergeordnete Rolle.

Die MaRisk 2023 sehe nun auch die Verankerung der „EBA-Leitlinien zur Kreditvergabe und -überwachung 06/2020“ vor. Dies führt dazu, dass Kreditinstitute zukünftig zu bewerten haben, inwieweit ein Kreditnehmer gegenwärtig und künftig in der Lage ist, die Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag zu erfüllen. Die Analyse des „Free Cashflow for debt servicing“ wird in eine zentrale Position gerückt. Zudem erwartet die Bankenaufsicht, dass mittels Sensitivitätsanalysen mögliche Marktentwicklungen Eingang in die Planungsrechnungen der Kreditnehmer finden.

Im Folgenden wollen wir Ihnen einen Überblick darüber geben, wie auf Basis einer integrierten Unternehmensplanung der „Free Cashflow for debt servicing“ ermittelt wird.

Eine integrierte Unternehmensplanung bedeutet, dass die Planung der Gewinn- und Verlustrechnung, der Bilanz und des Cashflows ein in sich geschlossenes (rechnerisches) System darstellt. Es ist zu berücksichtigen, dass alle liquiditätswirksamen Vorgänge (bspw. Zahlung der Gehälter, Zahlung des Materialeinkaufes, Steuerzahlungen, Aufnahme und Tilgung von Fremdkapital, Gewinnausschüttungen, Gewährung von Zahlungszielen bei Kunden, Nutzung von Zahlungszielen bei Lieferanten, etc.) korrespondierend in ggf. drei Teilen der integrierten Planungsrechnung abgebildet werden. Darüber hinaus sind nicht liquiditätswirksame Vorgänge (bspw. Abschreibung, Bildung und Auflösung von Rückstellungen) in der Planung der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung abzubilden.


 

Abbildung 1: Integrierte Unternehmensplanung

In Abhängigkeit der betrieblichen Belange setzt die integrierte Unternehmensplanung folgende Teilpläne voraus:

  • Planung der Gesamtleistung
  • Planung des Materialaufwandes und der Fremdleistungen
  • Personalkostenplanung
  • Planung sonstiger betrieblicher Erträge und Aufwendungen
  • Planung des Umlaufvermögens (Net Working Capital)
  • Investitionsplan
  • Finanzierungplan
  • Planung der Steuern von Einkommen und Ertrag

Folgende Bearbeitungsschritte haben sich in der Praxis bewährt bei der Erstellung einer integrierte Unternehmensplanung:

1.  Erstellung der Ertragsplanung (Plan-Gewinn- und -Verlustrechnung), basierend auf den Teilplänen

2.  Erstellung Basisbilanz und Entwicklung der einzelnen Bilanzposten unter Berücksichtigung der Teilpläne (Plan-Bilanz)

3.  Aus der Plan-Gewinn- und -Verlustrechnung und der Plan-Bilanz lässt sich dann der planerische Cashflow (Liquidität) ermitteln

Die Erstellung der Basisbilanz hat eine ganz zentrale Bedeutung. Würde hierauf verzichtet werden, würde das Unternehmen quasi bei null beginnen. Sämtliche Liquiditätseffekte aus bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten wären nicht berücksichtigt; die Aussagekraft des planerischen Cashflows wäre sehr eingeschränkt.

Basierend auf den Ergebnissen der integrierten Unternehmensplanung kann der Free Cashflow dann wie folgt ermittelt werden:

            EBITDA                                                                                                    GuV

(Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen)

-           Steuern vom Einkommen und Ertrag                                   GuV

-           Investitionen in Anlagevermögen (CAPEX)                         Bilanz

+          Desinvestitionen in Anlagevermögen                                  Bilanz

-           Erhöhung des Net Working Capital                                      Bilanz

+          Reduzierung des Net Working Capital                                 Bilanz

+          Erhöhung langfristiger Rückstellungen                               Bilanz

-           Reduzierung langfristiger Rückstellungen                          Bilanz

=          Free Cashflow

 

Aus der Darstellung der Ermittlung des Free Cashflow ist ersichtlich, dass die Veränderung von Bilanzposten sehr wesentlich ist bei dessen korrekter Ermittlung. Die Gliederungstiefe der Planung muss sich nicht zwingend am Gliederungsschema der Bilanz nach § 266 HGB orientieren. Unter Beachtung der Grundsätze der Wesentlichkeit und der Transparenz sollten die für den Empfänger der Planungsrechnung bedeutsamen Posten separat geplant und dargestellt werden. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass Posten, die einer besonderen saisonalen Volatilität unterliegen ebenfalls gesondert ausgewiesen werden. Dies ermöglicht Kreditgebern eine unterjährige explizite Beurteilung der zukünftigen Kapitaldienstfähigkeit.

PRAXISTIPPS

  • Nur eine integrierte Unternehmensplanung:
    • gibt allen Stakeholdern einen umfassenden Einblick in die Prognose der wirtschaftlichen Verhältnisse.
    • verbessert die Möglichkeit zur Beurteilung der zukünftigen Kapitaldienstfähigkeit.
  • Mit einem laufenden Soll-Ist-Vergleich auf Basis einer validen integrierten Unternehmensplanung sowie entsprechender Kommentierungen lassen sich zeitnah Fehlentwicklungen feststellen und Gegenmaßnahmen einleiten.

 


Beitragsnummer: 22478

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