Freitag, 1. März 2024

8. MaRisk Novelle – Herausforderungen für Finanzinstitute

Umsetzung der EBA-Leitlinie EBA/GL/2022/14 zu IRRBB und CSRBB in deutsches Aufsichtsrecht

Dr. Philipp Schröder, Partner, Governance, Risk & Compliance, PricewaterhouseCoopers


Dr. Adrian Schnitzler, Senior Manager, Governance, Risk & Compliance, PricewaterhouseCoopers


Philipp Thurmann, Director, Governance, Risk & Compliance, PricewaterhouseCoopers

 

Die BaFin hat am 15.02.2024 den Entwurf einer Neufassung der MaRisk zur Konsultation veröffentlicht, mit einer relativen kurzen Rückmeldefirst bis 14.03.2024. Die finale Novelle soll bereits im April veröffentlicht werden, was darauf schließen lässt, dass die BaFin nicht mit größeren Anpassungen rechnet. Kern der Novelle ist die Überführung der EBA-Leitlinien zu IRRBB und CSRBB in das deutsche Aufsichtsrecht.

 

Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch (IRRBB)

Auch wenn die Anforderungen zum IRRBB bereits Teil der aktuellen MaRisk sind und zudem ein BaFin Rundschreiben 06/2019 (BA) zu Zinsänderungsrisiken existiert, gibt es doch einige Neuerungen zu beachten: Während es vormals eine führende Perspektive für die Steuerung gab, nämlich entweder die barwertige (EVE – Economic Value of Equity) oder die ertragsorientierte Sicht (NII – Net Interest Income) Sicht, sind diese beiden zu gleichwertig zu berücksichtigen. Dies ist im Einklang mit dem im Rahmen eines Regulatory Technical Standards (RTS EBA/RTS/2022/10) von der EBA überarbeiteten Supervisory Outlier Test (SOT), der nun neben der EVE auch eine NII-Perspektive abbildet. Der SOT selbst ist nicht Teil der MaRisk Novelle. Es bleibt abzuwarten, ob es zur Umsetzung des SOT eine Überarbeitung des BaFin Rundschreibens zu Zinsänderungsrisiken geben wird. Die duale Sichtweise mit beiden Perspektiven findet sich zum prominent in den Ergänzungen zu AT 4.2. Strategien, wo die Definition eines Risikoappetits für beide Sichtweisen gefordert wird. Dort findet sich zudem die Anforderungen, strategische Vorgaben für die Absicherung offener Zinsrisikopositionen festzulegen. Dies kann beispielsweise ebenfalls in der Risikostrategie erfolgen.

Weitere Überarbeitungen wurden im Abschnitt AT 4.3.3 Stresstests vorgenommen. Aufwände kann hier insbesondere die geforderte Berücksichtigung institutsinterner Stressszenarien – ergänzend zu den aufsichtlichen Stresstests – verursachen. Institute, die bisher lediglich skalierte Standardzinsschocks im ICAAP angewendet haben, werden ihr Stresstesting entsprechend überarbeiten müssen. Die BaFin betont allerdings einleitend das Proportionalitätsprinzip, sodass die konkrete Ausgestaltung je nach Größe des Instituts, Komplexität des Bankbuchs und Materialität des IRRBB variieren kann.

Mit Verweis auf die EBA-Leitlinien wurden weitere Anpassungen im BTR 2.3 vorgenommen, die ggf. Umsetzungsaufwände verursachen. Es wird z. B. klargestellt, dass notleidende Risikopositionen (abzüglich Rückstellungen) als zinssensitive Instrumente zu berücksichtigen sind, ohne dass explizite Materialitätsgrenzen angegeben werden. Ebenso neu ist, dass die Risikounterarten Gap-Risiko, Basisrisiko und Optionsrisiko explizit zu berücksichtigen sind. Dies beginnt bereits im Rahmen der Risikoinventur.

Analog zur EBA-Leitlinie wird die NII-Perspektive um die Berücksichtigung von zinsinduzierte Marktwertveränderungen erweitert, was z. B. Auswirkungen auf Pensionsrückstellungen beinhalten kann.

Neben der Übernahme aus den EBA-Guidelines gibt es jedoch auch Punkte, in denen die BaFin bewusst abweicht: so sind bspw. alle Sichteinlagen von Finanzkunden als sofort fällig zu modellieren. Ebenfalls restriktiver ist die MaRisk bei der Wahl der Stützstellen für die Einlagenmodellierung und erlaubt keine Stützstellen über zehn Jahre. Der neue EBA-Standardansatz zum IRRBB wird nicht explizit erwähnt. Dieser könnte jedoch in unserer Sicht für kleinere Institute interessant sein, um die Umsetzungs- und Validierungsaufwände gering zu halten.

 

Kreditspreadrisiken im Anlagebuch (CSRBB)

Kreditspreadrisiken werden im Rahmen der Konsultation erstmals explizit in die MaRisk aufgenommen. Im BTR 5 wird den Kreditspreadrisiken im Anlagebuch ein eigener Abschnitt gewidmet, was deren Bedeutung aus Sicht der BaFin unterstreicht. Dies zeigt sich bereits in AT 2.2 Risiken, wo Kreditspreadrisiken als grundsätzlich wesentliche Risikoart genannt werden und somit unabhängig von ihrer tatsächlichen Materialität in jedem Fall in der Risikotragfähigkeit zu berücksichtigen sind. Es fällt dabei auf, dass an dieser Stelle keine Einschränkung auf das Anlagebuch erfolgt.

Für CSRBB wird analog zum IRRBB eine EVE wie auch eine NII-Perspektive gefordert. Beide Perspektiven sind in die Risikotragfähigkeit zu integrieren. Während viele Institute Kreditspreadrisiken bereits im EVE berücksichtigten, ist die eine Berücksichtigung im NII bisher die Ausnahme gewesen. Die MaRisk ermöglicht es, das CSRBB dem Marktpreis- oder dem Kreditrisiko zuzuordnen, oder es als eigene Risikokategorie zu betrachten. Dabei muss unabhängig von der Zuordnung, die Bestimmung separat erfolgen. Die Zuordnung zu einer Risikoart ist von Bedeutung, sofern im Rahmen der Risikotragfähigkeit Intrarisiko-Diversifikation entweder zwischen CSRBB und IRRBB oder zwischen CSRBB und Migrationsrisiken berücksichtigt werden sollen.

Grundsätzlich soll das CSRBB keine idiosynkratischen Komponenten enthalten, wozu die EBA auch Segmente und Regionen zählt, um eine Doppelanrechnung mit Migrationsrisiken zu vermeiden. Allerdings ermöglicht die MaRisk in BTR 5 Tz. 3 die Berücksichtigung von idiosynkratischen Risikokomponenten im CSRBB, sofern dies zu einer konservativeren Risikobestimmung führt. Gerade aus Steuerungssicht kann die Berücksichtigung von Segmenten oder Regionen sinnvoll sein, um Risikokonzentrationen besser zu erkennen und zu vermeiden. Ebenso soll eine Doppelanrechnung von Credit Value Adjustments (CVA) vermieden werden.

 

Abb.: Aufteilung von Spread-Komponenten auf Risikoarten in der RTF

PRAXISTIPPS

  • Da die EBA-Leitlinie EBA/GL/2022/14 von EZB-überwachten Instituten bereits seit Anfang 2024 umzusetzen sind, können aus den dort gewonnenen Erfahrungen typische Herausforderungen abgeleitet werden. Es ist hierbei immer das Proportionalitätsprinzip zu beachten.
  • Die gleichrangige Sicht auf beide Perspektiven erfordert eine Anpassung der Zinsrisikostrategie, da sowohl EVE- als auch NII-Effekte, die teilweise gegenläufig sind, entsprechend limitiert und gesteuert werden müssen.
  • Auch wenn einige Institute bereits Kreditspreadrisiken als wesentlich eingestuft haben und in der Risikotragfähigkeit berücksichtigen, erfüllen die aktuellen Modelle unserer Erfahrung nach häufig nicht die Anforderungen der EBA und BaFin. Das betrifft neben dem o. g. Ausschluss jeglicher idiosynkratischer Komponenten auch die zu berücksichtigten Geschäfte. Während viele ICAAP-Modelle nur Aktivpositionen wie Anleihen, für welche Marktwerte verfügbar sind, berücksichtigen, fordern die MaRisk, dass die Nichtberücksichtigung jeglicher Bankbuchinstrumente begründet und dokumentiert werden muss. Dies betrifft insbesondere auch Kredite und Refinanzierungsinstrumente. Nach unserer Erfahrung gibt es bisher keinen einheitlichen Marktstandard; so beschränken einige Institute das CSRBB auf zum Fair Value bilanzierte Aktiva, während andere Institute weitestgehend ihr gesamtes Bankbuch berücksichtigen und damit natürliche Hedge-Effekte zwischen Aktiv- und Passivseite integrieren.
  • Neben der technisch-methodischen Umsetzung stellen die neuen Regeln auch die Steuerungskonzepte der Institute vor größere Herausforderungen, da sich das CSRBB im Rahmen des Limit-Frameworks anders als das IRRBB nicht ohne Weiteres mit Zinsderivaten steuern lässt.
  • Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich trotz des engen thematischen Fokus des Konsultationsentwurfs sowohl nicht zu unterschätzende Implementierungs- als auch Steuerungsfragen ergeben, die zeitnah angegangen werden sollten.
  • Weitere topaktuelle Informationen hierüber und zu angrenzenden Themen erwarten Sie auf der FCH-Tagung NEUE MaRisk: Fokus Kreditspread- und Zinsänderungsrisiken vom 20.–21.06.2024 in Frankfurt.

Beitragsnummer: 22531

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