Freitag, 15. März 2024

Sonstige Rechte als Sicherheiten – Neuer Wind in der Kreditsicherung?!

Grundschulden und Zessionen sind Usus bei der Hereinnahme von Kreditsicherheiten. Ein Urteil des BGH könnte den „üblichen Sicherheitenkreis“ erweitern

Dr. Sebastian Mielke, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht, Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB

Marie-Louise Hölz, Rechtsreferendarin am OLG Stuttgart


Als Kreditsicherungsmittel für Banken und Finanzierer sind in der Praxis neben Grundschuldbestellungen bislang vor allem die Sicherungszession in Form der Globalzession und die Sicherungsübereignung von Bedeutung. Im Falle der Insolvenz des Sicherungsgebers ist der Insolvenzverwalter berechtigt, die sicherungsübereigneten beweglichen Sachen sowie die zur Sicherheit abgetretenen Forderungen zu verwerten.

Bislang nicht im Fokus der Sicherungsgläubiger standen sonstige Rechte (z. B. Markenrechte und andere gewerbliche Schutzrechte, Geschäftsanteile): Der BGH hat nun entschieden (27.10.2022 – IX ZR 145/21), dass sonstige Rechte von dem Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nicht erfasst werden und hat anderslautenden Stimmen in der juristischen Literatur eine Absage erteilt. Es steht somit fest, dass § 166 InsO das Verwertungsrecht des Verwalters abschließend und ausschließlich nur für bewegliche Gegenstände und Forderungen regelt. Die Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters wird dadurch merklich eingeschränkt. Sicherungsnehmer dagegen können die an sie zur Sicherheit übertragenen sonstigen Rechte, bspw. Markenrechte oder Domains, ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters selbst verwerten. Während sich die Verwertung von Warenlagern mitunter schwierig gestalten kann und mit erheblichen Abschlägen bei der Bewertung zu rechnen ist, können Schutzrechte und Know-how auch in der Insolvenz wertbeständiger und einfacher zu verwerten sein. Zudem ist keine Verwertungskostenpauschale an die Insolvenzmasse abzuführen.

Darüber hinaus können bereits im Eröffnungsverfahren für sonstige Rechte keine gerichtlichen Verwertungs- und Einziehungsverbote mehr erlassen werden. Der Insolvenzverwalter kann daher die Weiternutzung von übertragenen sonstigen Rechten nicht mehr gerichtlich gegen den Willen des Sicherungsgläubigers erwirken. Gegen contra legem erlassene Entscheidungen eines Gerichts haben die Gläubiger allerdings nur die Möglichkeit einer Gegenvorstellung; andere Rechtsschutzmöglichkeiten sieht das Gesetz nicht vor. Im Falle einer Insolvenz des Sicherungsgebers können Sicherungsnehmer präventiv durch Einreichung einer Schutzschrift verhindern, dass ihre Verwertungsrechte durch die Anordnung vorläufiger Sicherungsmaßnahmen beschnitten werden.

Die Entscheidung des BGH ist für Insolvenzverwalter und Gläubiger von hoher praktischer Relevanz. Durch die Vorteile gegenüber den klassischen Sicherungsmitteln können sonstige Rechte als Sicherheit an Bedeutung gewinnen und für Banken und Finanzierer mehr in den Fokus rücken.

PRAXISTIPPS

  • Prüfen Sie, inwieweit die Abtretung von sonstigen Rechten aufgrund der nun vorliegenden Rechtsprechung für Sie grundsätzlich (wieder) strategisch sinnvoll sein könnte.
  • Nutzen Sie im Streitfall die Möglichkeiten, die Ihnen das o. g. Urteil bietet – auch unter Beiziehung von Experten.

Beitragsnummer: 22545

Beitrag teilen:

Produkte zum Thema:

Produkticon
Konsortialkreditgeschäft: Kredit- & Sicherheitenverträge in der Praxis

119,00 € inkl. 7 %

Produkticon
Insolvenz: Chancen der Bank bei gerichtlicher Restrukturierung

255,00 € exkl. 19 %

16.04.2024

Beiträge zum Thema:

Beitragsicon
Kein Widerruf nach vollständiger Erfüllung eines Kreditvertrags

Ein Verbraucher kann sich nach vollständiger Erfüllung aller vertraglichen Verpflichtungen aus einem Kreditvertrag nicht mehr auf sein Widerrufsrecht berufen.

17.04.2024

Beitragsicon
Ein kritischer Ausblick auf 2024: Wachstum nur bei Insolvenzzahlen?

Die deutsche Wirtschaft schrumpft im Jahr 2023 im internationalen Vergleich. Auch in 2024 dürfte die Erholung ausbleiben.

22.01.2024

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit Google Analytics aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Hierbei kommt es auch zu Datenübermittlungen an Google in den USA. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Google Analytics.