Montag, 6. Mai 2024

Restrukturierungen gemeinsam finanzieren

Die aktuelle Zunahme der Restrukturierungsfälle fordert KMU und ihre Bankpartner heraus. Objektbasierte Finanzierungsansätze bieten in diesen Sondersituationen Lösungen

Carl-Jan von der Goltz, geschäftsführender Gesellschafter, Maturus Finance


I. Einleitung

Viele KMU müssen sich aktuell neu aufstellen. Krisen wie die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg, Transformationsdruck, flaue Konjunktur, Kostenexplosionen, Bürokratie und Fachkräftemangel sind häufig Auslöser für Restrukturierungen und Sanierungen. Aufgrund der angespannten gesamtwirtschaftlichen Lage wird für viele die Finanzierung der notwendigen Restrukturierungsmaßnahmen allerdings zum Problem. Banken können ihre Unternehmenskunden bei ihren Vorhaben oft nicht ausreichend aus eigener Kraft begleiten. Durch Partnerschaften mit Anbietern objektbasierter Finanzierungen können die Kredithäuser ihre Kunden aber auch in komplexer Lage weiter unterstützen.

 

II. KMU im Dauerkrisenmodus

1. Restrukturierungen rücken in den Fokus

Vor dem Hintergrund der angespannten wirtschaftlichen Gesamtsituation und der damit verbundenen steigenden Zahl an Insolvenzen gewinnt das Thema Restrukturierung für mittelständische Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Dies lässt sich anhand des 24. Restrukturierungsbarometers[1] des Magazins FINANCE und von Struktur Management Partner belegen. Dieses verzeichnet einen erneuten Anstieg bei der Zahl der Sanierungsfälle. So geben 76 % der befragten Bankexperten eine Zunahme an, was einen Höchststand seit Beginn der Erhebung im Frühjahr 2013 darstellt. Die Gründe für die gegenwärtige Restrukturierungswelle sind vielfältig: 82 % der Befragten identifizieren politische Konflikte wie den Ukraine-Krieg, den im Nahen Osten, im Iran und den China-Taiwan-Konflikt als größte Gefahr für die Unternehmen. Die Wachstumsschwäche in der Eurozone wird ebenfalls als erhebliches Risiko betrachtet. Die Zinswende hat hingegen etwas an Brisanz verloren. Im letzten Barometer[2] aus dem Herbst 2023 wurde sie als eine größere exogene Gefahr eingestuft als heute. Die aktuelle Einschätzung scheint sich aufgrund der erwarteten Zinssenkungen geändert zu haben.

Zu den momentan am stärksten von Restrukturierungen betroffenen Branchen gehören die Bau- und Immobilienwirtschaft, die Automobilindustrie, der Handel und E-Commerce, der Maschinen- und Anlagenbau sowie der Bereich Textil und Bekleidung. Diese Sektoren sehen sich mit gestiegenen Kosten, sinkenden Immobilienpreisen, Unsicherheiten bei Investitionsentscheidungen, grundlegenden Transformationsprozessen und verschärftem globalem Wettbewerb konfrontiert, so die befragten Restrukturierungsexperten des Deloitte Restructuring Reports von 2023 und 2024[3]. Wie kommt es zu diesem Anstieg beim Restrukturierungsbedarf von KMU?


2. Ursachen: zunehmende Geschäftsrisiken und Stimmungseinbruch

Die Rezession des vergangenen Jahres, die anhaltend hohen Energiekosten, die Schwierigkeiten bei der Finanzierung, der Personal- und Fachkräftemangel sowie die bürokratischen Lasten wirken sich negativ auf die Stimmung aus, vor allem bei mittelständischen Unternehmen. Dies geht aus der DIHK-Konjunkturumfrage[4] vom Jahresbeginn 2024 hervor. Demnach bewerten 22 % der Umfrageteilnehmer ihre Geschäftslage als schlecht. Insbesondere der Handel und die Industrie sind von schwierigen Rahmenbedingungen betroffen. Aufgrund von Konsumzurückhaltung, gestiegenen Preisen und Personalkosten schätzen 27 % der Händler ihre Lage negativ ein. Bei den Befragten aus der Industrie sind 26 % pessimistisch. Als Ursachen für die schwierige Lage werden hier u. a. wenig Neuaufträge, hohe Kosten, Unsicherheiten in den Lieferketten, Bürokratielasten, eine schwache Inlandsnachfrage und der anhaltende Fachkräftemangel genannt. Auch das Baugewerbe ist von den genannten Faktoren betroffen. Hier führen u. a. hohe Preise für Baumaterialien und der Einbruch der Aufträge im Wohnungsbau bei 22 % zu einer negativen Lage.

Insgesamt geben die befragten Unternehmer im Schnitt mehr als drei von acht Geschäftsrisiken an; vor der Pandemie wurden durchschnittlich noch 2,4 Risiken genannt. Die hohen Energie- und Rohstoffpreise stellen dabei für 60 % der Befragten das größte Problem dar. Knapp dahinter liegen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, der anhaltende Fachkräftemangel, die sinkende Inlandsnachfrage und die hohen Arbeitskosten. Bei den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen haben mehr als 7.600 Unternehmer die Möglichkeit der Freitextantworten genutzt: Etwa 41 % dieser Antworten beinhalten Bürokratie-Themen. Diese belastende Gemengelage führt in der Folge zu einer Zunahme von Insolvenzen und Restrukturierungsvorhaben.


3. Insolvenzzahlen auf neuem Rekordniveau

Gemäß dem Insolvenztrend[5] des Leibnitz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) ist die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften im März auf 1.297 angestiegen. Dies stellt einen erneuten Rekordwert nach Februar mit 1.193 Insolvenzen dar. Im März wurden somit neun Prozent mehr Insolvenzen registriert als im Februar, 35 % mehr als im Vorjahresmonat und 30 % mehr als im März-Durchschnitt der Jahre vor der Corona-Pandemie. Für April wird ein weiterer Anstieg prognostiziert.


III. Die Finanzierung von Restrukturierungen

1. Sanierungen werden komplexer

Die Lage aktueller Restrukturierungsfälle wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch trotz der geplanten Zinssenkungen der Notenbanken in den USA und im Euroraum in diesem Jahr nicht verbessern. 95 % der Befragten des Restrukturierungsbarometers gehen davon aus, dass die Zahl der Fälle weiter zunehmen wird. Dies stellt ein Allzeithoch dar.

Die befragten Restrukturierungsexperten des Deloitte-Reports empfehlen umfassende und ganzheitliche Neuausrichtungen. Dies impliziert eine Transformation der Geschäftsmodelle, um deren Krisenfestigkeit und Anpassungsfähigkeit zu erhöhen und somit die Chancen für eine erfolgreiche Restrukturierung und langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Allerdings werden die Restrukturierungsfälle durch diesen Transformationsdruck und die aktuellen Risiken von jeweils über 70 % der befragten Bankexperten des Restrukturierungsbarometers als immer komplexer sowie schwieriger zu finanzieren bewertet. Angesichts des steigenden Finanzierungsbedarfs können viele Unternehmen die nötigen Mittel nicht aufbringen.


2. Finanzierungslage im Mittelstand angespannt

In der DIHK-Konjunkturumfrage geben 40 % der Befragten an, dass sie sich in einer schwierigen finanziellen Lage befinden. Als Gründe dafür werden u. a. Eigenkapitalrückgang, Liquiditätsengpässe und zunehmende Forderungsausfälle genannt. Viele Betriebe müssen aktuell Umsatzeinbußen hinnehmen. So meldeten laut einer Untersuchung der Creditreform Wirtschaftsforschung[6] insgesamt fast 32 % der Befragten klein- und mittelständischer Unternehmen rückläufige Umsätze. Der Handel schneidet mit rund 44 % am schlechtesten ab, gefolgt von der Industrie und dem Baugewerbe. Zudem verfügen annähernd 30 % der Befragten über eine zu niedrige Eigenkapitalquote von unter zehn Prozent. Insbesondere der Bausektor ist mit knapp 42 % eigenkapitalschwach. Die flaue Geschäftslage und Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Liquidität führen zu einer problematischen Finanzsituation. Die steigenden Kosten verschärfen die wachsenden finanziellen Engpässe im Mittelstand.


3. Banken – zwischen Unsicherheit und Regulierung

Das aktuelle Restrukturierungsumfeld gestaltet sich auch für Bankpartner schwierig. Die eingetrübte Wirtschaftslage der meisten Branchen erfordert eine sehr sensible Risikoeinschätzung bei der Kreditvergabe an die Unternehmen. Die Geldgeber sind weiterhin gezwungen, ihre Kreditpolitik insbesondere auch für KMU restriktiver zu gestalten. Laut der aktuellen Umfrage zum Kreditgeschäft[7] sind das erhöhte Kreditrisiko und die Umsetzung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement der 7. MaRisk-Novelle der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für die Straffungen ausschlaggebend. Die Implementierung der verschärften Vorgaben der Novelle, etwa zum Thema Nachhaltigkeit, in das Risikomanagement der Banken hat weitere Auswirkungen auf die Kreditpolitik. Die Kreditablehnungsquote nimmt erneut zu. Aufgrund beständiger Risiken für die Bankhäuser und weitere zu erwartende Regulierungen durch die nächste MaRisk-Novelle, ist davon auszugehen, dass sich die Kreditpolitik der Häuser auch im zweiten Quartal 2024 restriktiver gestalten wird. Ein Rückgang der Kredithürden ist dadurch wenig wahrscheinlich. Aktuell melden fast 29 % der für die KfW-ifo-Kredithürde[8] befragten Unternehmer schwierige Kreditgespräche. Das liegt deutlich über dem historischen Durchschnitt von 20 %.


4. Blick in die Zukunft ist pessimistisch

KMU und Bankhäuser werden es in absehbarer Zeit nicht leichter haben. Viele Unternehmer blicken aktuell mit Sorge und Verunsicherung auf die zukünftigen Entwicklungen. So gehen 35 % der Befragten der DIHK-Konjunkturumfrage davon aus, dass sich ihr Geschäft in den nächsten Monaten verschlechtern wird. Im Baugewerbe und im Handel sind sogar jeweils über 40 % pessimistisch. Die gegenwärtig schwache Konjunkturlage im Inland, die strukturellen Probleme wie der Fachkräftemangel, die steigenden Arbeitskosten, die hohen Energie- sowie Rohstoffpreise und die unsicheren wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen werden auch als künftige Hemmnisse für das eigene Geschäft wahrgenommen. Die Experten der Wirtschaftsauskunftei Creditreform sprechen aktuell von einem historischen Tiefstand der Geschäftserwartungen bei KMU. So erwarten annähernd 20 % der befragten Mittelständler eine rückläufige Umsatzentwicklung. Die gegenwärtigen Erwartungen sind insbesondere durch die schwache Baukonjunktur und Industrieproduktion gezeichnet, die die Geschäftsentwicklungen im Mittelstand erheblich beeinträchtigen.

Die Prognose der DIHK für das laufende Jahr geht von einem erneuten Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,5 % aus. Sollte sich diese Prognose bewahrheiten, wäre dies die zweite Phase mit zwei aufeinanderfolgenden Rezessionsjahren in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Zuletzt war das in den Jahren 2002 und 2003 der Fall. Insolvenzen und Restrukturierungen werden demnach nicht nachlassen, sondern – im Gegenteil – in ihrer Anzahl und Komplexität wohl noch zunehmen. Das erhöht auch den Druck auf die Bankhäuser weiter.


5. Potenziale durch Kooperationen

Die Risiken einer Restrukturierung oder Sanierung eines Unternehmenskunden sind oft schwer abzuschätzen. Dennoch muss eine Anfrage häufig nicht abgelehnt werden. Stattdessen kann das Kreditinstitut den Mittelständler an einen Partner für assetbasierte Finanzierungen vermitteln. Denn hier stehen nicht Bonität und Risiken im Vordergrund, sondern das werthaltige Umlauf- und das mobile Anlagevermögen eines Unternehmens. Gerade in der aktuellen Wirtschaftslage können objektbasierte Finanzierungen flexibel und schnell unterstützen, sodass sich Banken auf mittel- bis langfristige Lösungen für ihre Kunden konzentrieren können. Nimmt ein Kreditinstitut solche Kooperationsmöglichkeiten wahr, nutzt es die Diversifizierung im Finanzierungssektor pragmatisch zu seinen Gunsten und unterstützt gleichzeitig den Kunden bei seinen Restrukturierungsmaßnahmen. Denn eine assetbasierte Finanzierung verschafft dem Unternehmen die nötige Liquidität, um sich neu aufzustellen. Die Bank begleitet ihren Kunden dabei wie gewohnt.

Durch die Zusammenarbeit mit einem alternativen Finanzierer erweitert ein Kreditinstitut seinen Werkzeugkoffer und kann Firmenkunden auch in Sondersituationen Unterstützung zukommen lassen. Dies stärkt einerseits sein Standing als Lösungsanbieter und es ergeben sich Synergien. Andererseits können durch die Vermittlung an den alternativen Partner auch Provisionspotenziale und damit eine zusätzliche Einnahmequelle gesichert werden, die die eigene Bilanz nicht belastet.

Für Unternehmenskunden, die sich neu aufstellen müssen, bieten etwa objektbasierte Modelle wie Sale & Lease Back und Asset Based Credit einen externen Hebel; gerade dann, wenn Banken selbst keine Mittel zur Finanzierung einer Restrukturierung zur Verfügung stellen können.


IV. Liquiditätssteigerung durch Sale & Lease Back

1. Restrukturierung über Gebrauchtmaschinen finanzieren

Unternehmen vieler Branchen besitzen ein umfangreiches Set an Vermögensgegenständen. Vor allem industrielle Produzenten, Verarbeiter und Zulieferer besitzen oft eine hohe Zahl an gebrauchten Assets. Damit erfüllen sie eine zentrale Zugangsvoraussetzung für eine objektbasierte Finanzierung wie Sale & Lease Back (SLB). Hierbei verkaufen produzierende oder verarbeitende Unternehmen ihr werthaltiges Anlagevermögen wie Maschinen-, Anlagen- oder Fuhrparks in einem ersten Schritt an einen Finanzierungspartner. Die Objekte verbleiben allerdings beim Unternehmen, da sie im zweiten Schritt umgehend wieder zurückgeleast werden. Durch SLB werden somit die Vorzüge eines Verkaufs und einer ununterbrochenen Nutzung der Produktionsmittel kombiniert. Die durch diese reine Innenfinanzierung freigesetzte Liquidität kann von KMU für eine strategische Neuausrichtung des Unternehmens, die Stabilisierung der Liquiditätssituation oder für die Umsetzung von Zukunftsinvestitionen verwendet werden. Dank SLB können Restrukturierungsmaßnahmen schonend für das operative Geschäft angestoßen und umgesetzt werden: Der Unternehmenskunde muss seinen laufenden Betrieb zu keiner Zeit des Finanzierungsprozesses unterbrechen. Die Maschinen und Fahrzeuge bleiben an Ort und Stelle im Einsatz.

Von den regulären Umsatzgrößen her ist das Finanzierungsmodell für Unternehmen mit Umsätzen zwischen fünf und 250 Millionen Euro im Jahr geeignet. Das Finanzierungsvolumen liegt i. d. R. zwischen 400.000 und 15 Millionen Euro. In Einzelfällen kann es auch darüber hinausgehen. Bankberater können KMU vor dem Hintergrund unterschiedlicher Schwierigkeiten auf das Modell verweisen. Gerade auch in unsicheren Zeiten, bei Krisen oder strukturellen Veränderungen greift es aufgrund seiner Bonitätsunabhängigkeit.


2. Unterstützung bei der Neuaufstellung

Wenn bei einem Firmenkunden umfassendere Restrukturierungen anstehen, kann SLB zeitnah für die erforderliche Liquidität und Handlungsfähigkeit sorgen. Denn werden in Schieflagen notwendige Korrekturen nicht schnell genug vorgenommen, ist leicht das Weiterbestehen des Unternehmens gefährdet. Da sich wirtschaftliche Probleme schnell zur existenzbedrohenden Krise verschärfen, muss finanzierungsseitig umgehend und flexibel reagiert werden können.

I. d. R. dauert es von der ersten Anfrage bis zur finalen Auszahlung des Kaufpreises drei bis sechs Wochen. Mit diesem kurzen Finanzierungsprozess ist Sale & Lease Back damit besonders für volatile Zeiten und Sondersituationen geeignet. Selbst in einem fortgeschrittenen Sanierungs- oder Insolvenzfall kann es noch greifen und dabei helfen, die Wende einzuleiten. Das Anwendungsspektrum der Finanzierung umfasst zudem weitere Anlässe wie Nachfolgen, distressed M&A oder die Auftragsvorfinanzierung nach der Krise. Kann eine Bank solche Prozesse rein inhouse nicht stemmen, ergibt sich hier ein pragmatischer Ansatz.


3. Kreditvergaben wieder möglichmachen

Da Sale & Lease Back nach dem Prinzip einer Innenfinanzierung funktioniert, steigert es auch die Eigenkapitalquote eines Unternehmenskunden. Gerade in komplexen Restrukturierungssituationen inmitten einer schwierigen Wirtschaftslage kann dies das Signal sein, auf das ein Bankpartner wartet. Denn durch das gestiegene Eigenkapital verbessert sich i. d. R. auch das Ergebnis im Bonitäts-Rating des Kunden. Dadurch verringern sich im Bestfall die Risiken für eine Kreditvergabe, die Beziehung zum Firmenkunden entspannt sich und die Bank ist in der Lage, erneute Darlehen in Betracht zu ziehen. Sind die betreffenden Assets eines Firmenkunden in seiner Bilanz größtenteils abgeschrieben, ergibt sich eine zusätzliche Stärkung seines wirtschaftlichen Eigenkapitals: Oft können durch SLB stille Reserven gehoben werden. Da die Raten für die weitere Nutzung der Maschinen und Anlagen teils als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, kommt auch ein entlastender Steuervorteil für den Kunden hinzu.


4. Assets müssen mobil sein

Damit ein Unternehmenskunde Sale & Lease Back in der Restrukturierungsfinanzierung nutzen kann, sollten seine dafür notwendigen Vermögensgegenstände werthaltig und sekundärmarktfähig sein. D. h., die gebrauchten Assets müssen im Zweifel vom Finanzierungspartner weiterverkauft werden können und dürfen auch langfristig nicht maßgeblich an Wert verlieren. Zudem haben die Maschinen, Anlagen oder Fahrzeuge vor allem zahlreich und fungibel zu sein. Der jeweilige Maschinen- oder Fuhrpark muss aus einer Reihe marktgängiger und einzeln austauschbarer Assets bestehen. Sonder- und Einzelanfertigungen sowie Prototypen sind nicht SLB-geeignet. Sind die Gegenstände zudem kompliziert verkettet oder mit der Fabrikhalle direkt verbaut und entsprechend nicht transportfähig, sind sie für Sale & Lease Back ebenfalls ausgeschlossen. Die Produktionsanlagen, Maschinen und Fahrzeuge, die für die Finanzierung genutzt werden sollen, müssen daher einer detaillierten gutachterlichen Bewertung unterzogen werden.


V. Objektbasierter Spezialkredit: Asset Based Credit

1. Maschinen, Anlagen und Immobilien besichern

Auch bei der Restrukturierungsfinanzierung unter Zuhilfenahme eines Asset Based Credits können Unternehmenskunden auf ihre Vermögensgegenstände setzen. Im Gegensatz zum Sale & Lease Back handelt es sich bei diesem Ansatz allerdings nicht um eine Sonderform des Leasings, sondern um einen Spezialkredit. Für diesen kann neben dem Anlagevermögen auch das Umlaufvermögen als Sicherheit dienen. Letzteres ist für Bankhäuser meist nicht besicherbar. Ein Asset Based Credit bietet produzierenden Betrieben, Start-ups sowie Händlern und Dienstleistern die Möglichkeit, etwa Bestände aus Fertig- und Handelswarenlagern, Sachwerte oder auch Immobilien einzusetzen und so an einen kurz- bis mittelfristigen Kredit zu gelangen. KMU mit einem entsprechenden mobilen Anlagevermögen aus Maschinen oder Anlagen können daneben auch dieses einsetzen, um den Spezialkredit zu besichern.

Die Bonität des Finanzierungsnehmers spielt auch bei dieser Lösung nur eine untergeordnete Rolle. Damit das objektbasierte Modell zum Tragen kommen kann, müssen stattdessen die entsprechenden Vermögensgegenstände zentrale Voraussetzungen erfüllen. So darf es sich beim Umlaufvermögen nicht um unfertige Produkte oder verderbliche Waren handeln. Das Anlagevermögen muss – wie bei Sale & Lease Back – wertbeständig, sekundärmarktfähig, transportfähig und fungibel sein. Um das zu garantieren, werden vom Finanzierungspartner bspw. Maschinengutachten angefertigt oder der aktuelle Warenbestand und der Warenumschlag der letzten Monate ausgewertet. Bei Immobilien wird i. d. R. ein Sachverständigengutachten zum Zeit- bzw. Verkehrswert eingeholt.


2. Finanzielle Gelegenheiten nutzen

Asset Based Credit wird zur Opportunity Finance gezählt. Die Verwendungsmöglichkeiten des Ansatzes machen deutlich, warum: Er sorgt neben der Neuaufstellung in ganz unterschiedlichen Situationen für unternehmerische Liquidität. Investitionen in ein nachhaltiges Angebot sind damit ebenso möglich wie solche in die Digitalisierung der Produktionsprozesse. Der Ansatz hilft gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftslage auch bei der Überbrückung von Flauten und der Abmilderung von Kriseneffekten oder stellt Working Capital bereit. Die liquiden Mittel sind von Unternehmenskunden auch nutzbar, um als Baustein eine M&A-Transaktion innerhalb oder außerhalb einer Krise zu ergänzen – etwa im Rahmen einer übertragenden Sanierung. Mittelständler können durch die hinzugewonnene Liquidität daneben ihre Lagerkapazitäten an die aktuellen Rahmenbedingungen und ihre Geschäftslage anpassen. Restrukturierungen, Sanierungsmaßnahmen oder Auftragsvorfinanzierungen nach einer überstandenen Krise sind im Rahmen eines Asset Based Credit ebenfalls möglich. Die beleihbaren Summen liegen zwischen 250.000 und fünf Millionen Euro. Die Laufzeiten der Kredite bewegen sich im kurz- bis mittelfristigen Bereich.


3. In allen Phasen und Sondersituationen nutzbar

Die Einsatzgebiete des Asset Based Credits erstrecken sich nicht nur auf unterschiedliche Anforderungen des Unternehmensalltags und verschiedene Branchen, sondern auch auf besondere Belastungen und die einzelnen Entwicklungsphasen von Betrieben. Damit können sich etablierte Unternehmen ihrem durch die Krisen der letzten Jahre offengelegten Entwicklungsbedarf stellen. Das reicht von leichten Kurskorrekturen bei Angeboten oder Prozessen bis hin zum ernsthaften Richtungswechsel im Rahmen einer Restrukturierung. Da Asset Based Credit weitgehend bonitätsunabhängig ist, steht das Modell gerade in diesen Zusammenhängen zur Verfügung. Der Ansatz kann bei Bedarf auch zu einem Massedarlehen verhelfen und wird damit für die Work-Out-Abteilung einer Bank zur relevanten externen Option: Über das Instrument findet womöglich ein notleidender Unternehmenskunde einen Ansatz und das Bankhaus gewinnt Zeit, um längerfristige Lösungen zu entwickeln.

Es können selbst Start-ups, mit einem festen Risikokapitalgeber im Rücken, auf die objektbasierte Finanzierung zugreifen. Die jungen Firmen stehen durch die fortwährenden externen Krisen heute besonders unter Druck und können so etwa Betriebsmittel finanzieren oder ihr Wachstum realisieren. Einer Bank sind hier meist die Hände gebunden, solange ein Kunde die Gewinnschwelle noch nicht erklommen hat – selbst, wenn die Experten im Haus durchaus das Potenzial eines innovativen Geschäftsmodells erkennen oder die junge Firma als möglichen künftigen Kunden ansehen. Gemeinsam mit einem Partner für Asset Based Credit kann die Unterstützung selbst in volatilen Zeiten gelingen; kann das junge Unternehmen an dringend benötigtes Fremdkapital gelangen.


Praxistipps

  • Steigende Zahlen an Insolvenzen und Restrukturierungsfällen erfordern von Banken erhöhtes Risikomanagement.
  • Ist für Unternehmenskunden in komplexen Restrukturierungsprozessen keine interne Lösung möglich, können Banken auf objektbasierte Finanzierungsansätze verweisen.
  • Durch die Nutzung assetbasierter Finanzierungsmethoden bleibt die Kundenbeziehung bestehen und es ergeben sich zusätzliche Einnahmequellen und Synergien.
  • Maschinen-, Anlagen- und Fuhrparklastige KMU können Sale & Lease Back zur Liquiditätsstärkung auch in Sondersituationen nutzen.
  • Für KMU mit Sicherheiten in Form von Anlage- und auch Umlaufvermögen steht Asset Based Credit als kurz- bis mittelfristiger Spezialkredit zur Verfügung.

 




Beitragsnummer: 22604

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