Montag, 3. Februar 2020

Aktuelle BAG-Urteile zu Urlaub und Überstunden

Marcus Michel, Vorstand FCH Gruppe AG

Kaum ein Thema hat das Bundesarbeitsgericht in den letzten Jahren so stark beschäftigt wie das Thema Urlaub. 2019 war das auch nicht anders und das BAG hat auch seine eigene Rechtsprechung teilweise revidiert.

Urlaub vom Urlaub – kann das sein?

BAG (Urt. v. 19.03.2019, Az.  9 AZR 315/17): Eine Arbeitnehmerin war der Meinung, dass sie in ihrem vertraglich vereinbarten Sonderurlaub (über ein Jahr) natürlich auch Urlaubsansprüche hat (Mit gesundem Menschenverstand hat das leider inzwischen oftmals nichts mehr zu tun, womit sich die Gerichte beschäftigen müssen.)!? Im Ergebnis ist festzuhalten: Wer wegen eines vertraglich vereinbarten Sonderurlaubs in einem Kalenderjahr durchgehend nicht arbeitet, hat auch keinen Anspruch auf Erholungsurlaub für diesen Zeitraum.

SEMINARTIPPS

Prüffelder des Personalmanagements – Fokus Aufsichtsrecht, 31.03.2020, Berlin.

Aufsichtliche Anforderungen an die Prozesse im Personalmanagement, 07.10.2020, Köln.

Auch hier hat das BAG seine frühere Rechtsprechung geändert: Bislang entsprach es nämlich ständiger Rechtsprechung, dass Urlaubsansprüche auch während eines ruhenden Arbeitsverhältnisses entstehen. Für einen Urlaubsanspruch war allein das Bestehen des Arbeitsverhältnisses relevant. Ob und wie viel der Arbeitnehmer im Kalenderjahr tatsächlich gearbeitet hatte, war ohne Bedeutung. Die Besonderheit lag hier gleichwohl in der konkreten vertraglichen Vereinbarung zwischen den Arbeitsparteien. Bei anderen ruhenden Arbeitsverhältnissen wie Elternzeit entstehen Urlaubsansprüche auch weiterhin.

Verfall von Urlaubsansprüchen

Damit hat sich dann nicht nur das BAG, sondern Ende 2018 auch ausgiebig der EuGH beschäftigt (EuGH Urt. v. 06.11.2018, Az. C-684/16).

Das BAG hat dann auf Basis dieses Urteils in 2019 noch einmal klargestellt, Urlaubsansprüche dürfen nur noch dann verfallen, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage war, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. 

ABER wirklich wichtig ist dieser Passus:

Der Arbeitgeber muss den Mitarbeiter sogar explizit auffordern, Urlaub zu nehmen, und über den drohenden Verfall aufklären – sonst bleibt der Urlaubsanspruch bestehen. Die bisher übliche bloße Ausweisung des Resturlaubs auf den Lohnabrechnungen dürfte damit nicht mehr reichen.

Urlaub ist eine eigene Währung – und damit wirklich Geld wert (auch nach dem Tod des Arbeitnehmers)!

Das BAG hat mit seinem Urteil im Januar 2019 (Urt. v. 22.01.2019, Az. 9 AZR 45/19) klargestellt, stirbt ein Arbeitnehmer, haben seine Erben Anspruch auf Abgeltung des nicht genommenen Urlaubs.

BUCHTIPP

Kuhn/Thaler (Hrsg.), BankPersonaler-Handbuch, 2016.

Und dann gab es noch das BAG-Urteil zur (Überstunden)Abgeltung bei Freistellung des Arbeitnehmers aus November 2019 (Urt. v. 20.11.2019, Az. 5 AZR 578/18).

Gerade in einer Zeit, in der das Thema der Arbeitszeitkonten sehr angesagt ist, sollte sich jeder Arbeitgeber darüber im Klaren sein, dass für den Arbeitnehmer klar erkennbar sein muss, welche Ansprüche der Arbeitgeber mit der Freistellung abgelten will: die Arbeitspflicht, Urlaub oder eben den Freizeitausgleich zum Abbau des Arbeitszeitkontos. Eine Freistellung in einem gerichtlichen Vergleich erfülle den Anspruch des Arbeitnehmers auf Freizeitausgleich zum Abbau des Arbeitszeitkontos also nur dann, wenn in dem Vergleich hinreichend deutlich zum Ausdruck komme, dass mit der Freistellung auch ein Positivsaldo auf dem Arbeitszeitkonto ausgeglichen werden solle.

PRAXISTIPP

-    Urlaub, Urlaubsansprüche, Verfall von Urlaubsansprüchen und Urlaubsabgeltung werden weiterhin die Gerichte beschäftigen – die BAG Rechtsprechung ist hier, teilweise auch durch den EuGH getrieben, in Bewegung und sollte regelmäßig beobachtet werden.



Beitragsnummer: 5114

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