Donnerstag, 30. April 2020

Reform des Kontopfändungsschutzes

Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Kontopfändungsschutzes

Dr. Friedrich L. Cranshaw, Rechtsanwalt, vorm. Banksyndikus/Direktor, Mannheim/Mutterstadt, u.a. Depré RechtsanwaltsAG, Mannheim

Der Autor arbeitet, forscht und publiziert im Sanierungs- und Insolvenzrecht, im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, im Bankrecht und auf mit diesen Gebieten verwandten Feldern.

 

I. Hintergrund des Reformgesetzes 

Im Kern des Reformgesetzes[1] steht die Überarbeitung des Kontopfändungsschutzes mit der zentralen Vorschrift des § 850k ZPO, des einzigen Vollstreckungsschutzes für Bankkonten seit dem Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 07.07.2009[2]. Nach Art. 10 dieses Gesetzes ist u. a. § 850k ZPO (Pfändungsschutzkonto oder P-Konto) am 01.07.2010 in Kraft getreten, der seinerzeitige Kontopfändungsschutz ist mit Ablauf des 31.12.2011 außer Kraft getreten[3]. Ab 01.01.2012 ist Kontopfändungsschutz nur noch nach § 850k ZPO möglich bzw. in extremen Ausnahmefällen nach § 765a ZPO unter den engen Voraussetzungen des dortigen Vollstreckungsschutzantrags, über den das Vollstreckungsgericht (§ 764 ZPO) oder das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht (s. § 36 Abs. 4 InsO[4]) entscheiden. Im Allgemeinen ist der Schuldner, der kein P-Konto errichtet hat, nicht schutzwürdig[5]. Anders ist dies – ebenfalls bei der Kontenleihe – in Fällen der Führung eines einzigen Kontos durch eine sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II[6], beim Schutz des volljährig gewordenen Minderjährigen (§ 1629a BGB)[7], wohl auch bei Auszahlung beamtenrechtlicher Beihilfeleistungen auf ein P-Konto, da § 850k Abs. 2 ZPO derzeit für solche Leistungen keinen Pfändungsschutz vorsieht, obwohl sie an der Quelle bei der Besoldungs- und Versorgungsstelle keiner Pfändung unterliegen[8]. Die kontoführende Bank als Drittschuldner muss sich in Fällen der notwendigen vollstreckungsgerichtlichen Entscheidung bis zur Gewährung von Pfändungsschutz entsprechend dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfuÜB) zugunsten des Pfändungsgläubigers, der auf das Zahlungskonto zugegriffen hat, verhalten bzw. nach § 850k ZPO. Die nach dieser Norm verbleibenden pfändbaren Beträge stehen dem Gläubiger bei Vorliegen eines entsprechenden Überweisungsbeschlusses zu, da er insoweit Einziehungsbefugnis hat (§ 836 Abs. 1, 2 ZPO), die kontoführende Bank hat u. a. nach weiteren Vorschriften, insbesondere der §§ 833a, 835 Abs. 4, 850k ZPO an den Gläubiger zu leisten. Sie zahlt Guthaben des Schuldners, die pfändbar sind, an den Gläubiger nach Maßgabe des PfuÜB aus und erfüllt damit den Anspruch des Schuldners auf Zurverfügungstellung von Beträgen aus der jeweils erfolgten Gutschrift[9] (§ 675t Abs. 1 Satz 1 BGB) aufgrund des mit diesem bestehenden besonderen Girovertrages[10] mit Abrede nach § 850k Abs. 7 Satz 1 ZPO i.V.m. § 675f Abs. 2 BGB (Zahlungsdiensterahmenvertrag) und i.V.m. dem Zahlungskontengesetz.

Das Regelwerk zum Kontopfändungsschutz ist evaluiert worden[11], Schwächen wurden bejaht, so dass das BMJV 2018/2019 einen Referentenentwurf vorgelegt und zur Diskussion gestellt hat, der überwiegend auf Kritik unter verschiedenen Aspekten gestoßen ist. Hier ist etwa auf den elektronischen Aufruf in der ZIP 2019, 2283 von Bitter, Grote, Sudergat, „Ist das Pfändungsschutzkonto noch für die Praxis zu retten ? – Stoppt die Bürokratisierung durch das P-Konto-Fortentwicklungsgesetz! hinzuweisen, dem sich eine große Zahl von Organisationen und Persönlichkeiten angeschlossen hat. 

Das BMJV hat am 23.03.2020 einen neuen Entwurf publiziert, der allerdings als Regierungsentwurf daherkommt, so dass evtl. gerade in der derzeitigen Situation ggf. mit schnellem Erlass zu rechnen ist. Art. 4 Abs. 1 des Gesetzentwurfs sieht ein Inkrafttreten am 1. Tag des 13. auf die Verkündung folgenden Kalendermonats vor; mit anderen Worten haben die Beteiligten nach Verkündung im Bundesgesetzblatt ein Jahr Umsetzungszeit einschließlich Anpassung der IT. 

Von den Vorstellungen des kritisierten Referentenentwurfes weicht der Regierungsentwurf in einer Reihe von Punkten ab. Auf den Referentenentwurf ist in dieser Übersicht nicht weiter einzugehen. Wie der parlamentarische Prozess abläuft, bleibt abzuwarten, wesentliche Änderungen sind vermutlich nicht zu erwarten. 

  

II. Inhalte des Regierungsentwurfes des PKoFoG  

1. Vorbemerkung

Der Regierungsentwurf ist ein Art.gesetz, das verschiedene Materien der Zivilprozessordnung mit Anpassungen anderer Gesetzeswerke behandelt, von denen im Folgenden nur auf Forderungspfändungen und den Kontopfändungsschutz einzugehen ist. Im Folgenden wird der Regierungsentwurf bei den Normen und als bei den Zitierungen als Dokument als „RegE“ bezeichnet. 

 2. § 835 ZPO-RegE, Überweisung einer Geldforderung 

Problemlos ist der Ersatz der Vierwochenfrist in § 835 ZPO („Überweisung einer Geldforderung“)  durch eine Monatsfrist, die zu Umstellungsaufwand bei den Instituten, aber auch zur Vereinfachung führen dürfte. Gravierender ist der Wegfall des § 835 Abs. 4 ZPO nicht, denn er wird inhaltlich in einen neuen § 901 Abs. 1 ZPO-RegE übernommen[12].

3. § 840 ZPO-RegE, Erklärungspflicht des Drittschuldners  [...]
Beitragsnummer: 6228

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