Dienstag, 21. April 2020

Notarpflichten bei sog. Kettenkaufverträgen

Notarpflichten bei großer Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufspreis eines Grundstücks

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner

 

In seiner Entscheidung vom 05.12.2019, Az. III ZR 112/18, erinnert der Bundesgerichtshof zunächst daran, dass ein Notar seine Amtstätigkeit zu versagen bzw. die Beurkundung abzulehnen hat, wenn sie mit seinen Amtspflichten nicht vereinbar ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn seine Mitwirkung bei Handlungen verlangt wird, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden (Rn. 13).

Sodann führt der Bundesgerichtshof beispielhaft aus, dass ein solcher unerlaubter oder unredlicher Zweck dann vorliegen kann, wenn eine Immobilie zu einem sittenwidrig überhöhten Preis verkauft werden soll oder der Verdacht besteht, dass die Tätigkeit des Notars der Begehung einer Straftat dient, etwa weil der beurkundete Kaufvertrag zur Täuschung einer kreditgebenden Bank oder eines späteren Erwerbers zu hoch oder zu niedrig angesetzt wird (Rn. 14).  

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In diesem Zusammenhang hält der Bundesgerichtshof sodann fest, dass eine große Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufspreis eines Grundstücks bei kurz aufeinander folgenden Verträgen ein Anhaltspunkt für die Verfolgung unerlaubter oder unredlicher Zwecke sein kann, an welcher der Notar weder durch die Beurkundung noch durch die Abwicklung der Kaufverträge mitwirken darf (Rn. 14). Allerdings führt der Bundesgerichtshof zugleich aus, dass es für sich betrachtet grundsätzlich nicht unredlich ist, eine Immobilie mit einem erheblichen Aufschlag weiterzuverkaufen, dass aber eine Unredlichkeit in einem solchen Fall umso näher liegt, je massiver die Kaufpreissteigerungen sind und je kurzfristiger An- und Verkauf aufeinander folgen (Rn. 15). Dabei erinnert der Bundesgerichtshof auch daran, dass der Ankaufspreis als solcher nicht zwingend über den wahren Wert der Immobilien und damit über das Vorliegen eines Missverhältnisses zwischen Verkaufspreis und der dafür erhaltenen Gegenleistung etwas aussagen muss. Vielmehr könne es eine Vielzahl von Gründen geben, sich von Immobilien zu einem niedrigen Preis zu trennen, weshalb bei ihrem Weiterverkauf hohe Preisspannen entstehen können, weswegen eine Abweichung zwischen An- und Verkaufspreis lediglich ein Indiz für einen überteuerten Weiterverkaufspreis darstellt (Rn. 17). 

Hiervon ausgehend hält der Bundesgerichtshof fest, dass es für die Annahme eines pflichtwidrigen Verhaltens des den Ankauf und Verkauf beurkundenden Notars ganz entscheidend darauf ankommt, ob der Notar nach entsprechender Prüfung davon ausgehen konnte, dass die in den Kettenkaufverträgen enthaltenen außerordentlichen Kaufpreissteigerungen gerechtfertigt sind bzw. es für sie eine sachliche oder nachvollziehbare Erklärung gibt, die – neben einer angemessenen Gewinnspanne des Zwischenerwerbers – etwa in durchgeführten oder beabsichtigten Instandsetzungsmaßnahmen liegen kann (Rn. 15). 

Nachdem dem die Ankaufs- und Verkaufsverträge beurkundenden Notar vor der Beurkundung des Weiterverkaufs Wertgutachten zweier öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger vorlagen, die aus seiner damals maßgeblichen Sicht der Annahme einer sittenwidrigen Überteuerung des Kaufpreises entgegenstanden, lehnte der Bundesgerichtshof, dem Berufungsgericht folgend, eine Pflichtverletzung des Notars ab (Rn. 19 ff.).

PRAXISTIPP 

Bei der Beurkundung sog. Kettenkaufverträge sollte ein Notar bedenken, dass ihm umso mehr der Vorwurf der Mitwirkung einer erkennbar unerlaubten oder unredlichen Handlung treffen kann, je massiver die Kaufpreissteigerungen sind und je kürzer der Zeitraum zwischen An- und Verkauf ist. Insofern sollte jeder Notar in einem solchen Fall prüfen, ob die entsprechenden Kaufpreissteigerungen gerechtfertigt sind und ob es für die Kaufpreissteigerung eine sachliche oder nachvollziehbare Erklärung gibt und dies am besten auch dokumentieren.


Beitragsnummer: 6774

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