Montag, 27. Juli 2020

Zinsänderungsklauseln und Rating im Firmenkundengeschäft

Rechtliche Risiken von Zinsänderungsklauseln, die Ratingänderungen auf Zinsen übertragen.

Prof. Dr. Patrick Rösler, Rechtsanwalt und Vorstandsvorsitzender FCH Gruppe AG 

Dr. Ekkehardt von Heymann, Rechtsanwalt und ehem. Banksyndikus in Frankfurt/M.

 

I. Bedeutung von Ratings

Ratings sind Einschätzungen darüber, wie hoch die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Kredits ist. Sie entstehen aus der Betrachtung vieler Faktoren. Bei internen Ratings wird das Rating von der kreditgebenden Bank selbst durchgeführt, bei externen Ratings wird eine unabhängige Ratingagentur zur Bestimmung des Ratings eingeschaltet. Ratings enthalten qualitative und quantitative Faktoren.

Quantitative Faktoren stammen vor allem aus Jahresabschlussdaten wie Bilanz, GuV und Anhang, Steuerbescheiden und BWAs sowie aus bankeigenen Informationen, wie z. B. Kontodaten oder Überziehungen.

Qualitative Faktoren ergeben sich aus der Branche, dem Markt, in welchem sich das Ratingsubjekt bewegt, dem Geschäftsmodell, der Geschäftsstrategie, der Managementkompetenz, dem Vorliegen und der Qualität von Nachfolgeregelung, Planungsrechnung etc.

Die Gewichtung der einzelnen quantitativen und qualitativen Faktoren führt dann zum Ratingergebnis, der Ratingnote, mit der unmittelbar eine Quantifizierung der Ausfallwahrscheinlichkeit verbunden ist.

Aufsichtsrechtlich wurde das Thema Rating 2004 vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht mit „Basel II“ aufgenommen. Nach dieser Empfehlung des Ausschusses wurde das Thema Rating in Rechtsnormen gegossen. Auf EU-Ebene geschieht dies durch die Verordnung CRR (Capital Requirements Regulation) und auf nationaler Ebene in Deutschland durch Regelungen in KWG und MaRisk[1].

Vom Rating sind sowohl die Bank als auch deren Kunden betroffen. Das Rating der Bank wirkt sich direkt auf ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt mit den Kunden aus, denn bei höheren Refinanzierungskosten kann sie Kredite nur teurer vergeben, wenn sie ihre Marge erhalten will oder muss. Das Rating des Kunden wirkt sich direkt auf die Kondition seines Kredits bei der Bank aus, denn je schlechter sein Rating, desto höher der Risikoaufschlag bei der Festlegung des Zinssatzes. Inwieweit eine Änderung des Kundenratings oder des Bankratings auch zu einer rechtlich zulässigen Zinsänderung im Kreditverhältnis führen kann, soll im Folgenden dargestellt werden. 

 

II. Zinsanpassung bei Ratingänderung des Kunden

Zur Bepreisung von Risiken im Kundengeschäft bieten sich differenzierte Zinssätze für Kredite an. 


1. Zinsgestaltung im Neugeschäft

So lange beim Neugeschäft Risiken bei der Zinsgestaltung berücksichtigt werden, ist dies zivilrechtlich unproblematisch. Denn der Zins ist der Preis für das Zur-Verfügung-Stellen der Darlehensvaluta und als Hauptleistungspflicht von der AGB-Kontrolle ausgeschlossen. 

Unwirksamkeitsgründe könnten daher regelmäßig nur dann vorliegen, wenn der Darlehenszins derart überhöht wäre, dass er gegen das Verbot der Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB verstieße. Der Vergleichsmaßstab muss im gleichen Bonitätssegment gewählt werden. Erst wenn der Zinssatz knapp 100 % über dem durchschnittlichen Marktzinssatz liegt, würde das scharfe Schwert der Sittenwidrigkeit eingreifen, sofern nicht zusätzlich subjektive Merkmale vorliegen[2]


2. Zinsanpassung im Bestand

Zivilrechtlich problematisch sind Zinsanpassungen im Bestand. Ändert sich im laufenden Kreditverhältnis aufgrund eines aktualisierten Ratings die Bonität des Kunden, stellt sich die Frage, ob, wie und in welcher Höhe Bonitätsänderungen so berücksichtigt werden können, dass sich der Kundenzinssatz analog zur Ratingänderung verändert. Anders als beim Neugeschäft wird dann in ein bestehendes Vertragsverhältnis eingegriffen und der für einen Kreditvertrag sehr wesentliche Preis, der Zinssatz, nachträglich verändert. Der Kreditnehmer genießt darum den Schutz der Rechtsordnung in einem höheren Maß als im Neugeschäft.  


3. Zinsanpassung bei fest verzinslichen Darlehen

Bei Festzinsdarlehen, d. h. bei Darlehen, für die der Zinssatz für eine bestimmte Laufzeit fest vereinbart wurde, kann eine Zinsanpassung erst nach Ablauf der Zinsbindungsfrist erfolgen. Während der Zinsbindungsfrist ist das Kündigungsrecht nach dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ generell ausgeschlossen, d. h. geschlossene Verträge sind einzuhalten[3]. Nachträgliche Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse, die sich für einen Vertragspartner ungünstig auswirken, reichen für ein auch nur teilweises Abweichen vom Vertrag nicht aus[4]

Ändert sich also bei einem Festzinsdarlehen das Rating – sei es das der Bank oder das des Darlehensnehmers – kann der Zinssatz während der Zinsbindungsfrist nicht angepasst, das Darlehen aus diesem Grund nicht gekündigt werden. Dementsprechend bestimmt auch § 489 Abs. 5 BGB, dass der Sollzinssatz für diejenigen Zeiträume als gebunden gilt, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist. Damit kann bei Festzinsdarlehen der Zinssatz während der Zinsfestschreibung nicht an die Änderung eines Referenzzinssatzes angepasst werden. Nach der Zinsfestschreibung kann der Zinssatz angepasst werden, sofern die Darlehenslaufzeit länger ist als die Festschreibung. Für diesen Sachverhalt gelten dann im Grundsatz die identischen Regelungen wie für variable Darlehen. 

 

4. Zinsänderungen bei variablen Darlehen

Bei laufenden Kreditverträgen mit veränderlichem Zinssatz, also variable Darlehen, erfolgen Zinsanpassungen regelmäßig aufgrund von Zinsänderungsklauseln. Diese Möglichkeit besteht nur bei Darlehen mit veränderlichem Zinssatz, jedoch mit den entsprechenden Rechtsfolgen insbesondere bei den Kündigungsrechten.

Bei Darlehen mit veränderlichem oder variablem Zinssatz ist höchst umstritten, wie genau eine Zinsänderungsklausel auszusehen hat, um einer AGB-rechtlichen Prüfung standzuhalten. Prüfungsmaßstab sind §§ 308 Nr. 4 und 307 BGB. Die Details sind weitgehend ungeklärt[5]

Zu unterscheiden ist jedenfalls zwischen Zinsgleitklauseln und Zinsanpassungsklauseln. Selbst diese Unterscheidung ist nicht einheitlich, zum Teil werden Zinsgleitklauseln nur als solche angesehen, bei denen der Vertragszins direkt mit dem Referenzzins (täglich) schwankt und eine versetzte Anpassung bereits als Zinsanpassungsklausel definiert wird. Richtigerweise wird eine Zinsgleitklausel jedoch jede Klausel erfassen, die eine „vollautomatische“ Änderung des Vertragszinses nach dem Referenzzins bewirkt, während bei einer Zinsanpassungsklausel der Bank ein Ermessen für die Anpassung des Zinssatzes verbleibt. 


a) Zinsgleitklauseln 

Diese Klauseln passen den Zins automatisch nach einem Referenzzins an. Dabei werden meist Schwellenwerte definiert, bei deren „Reißen“ der Zins nachgezogen wird. Außerdem können Zeiträume vereinbart werden, nach denen der Zins angepasst wird. Dies dient der Praktikabilität, damit der Zinssatz nicht ständig (im extremen Fall täglich) angepasst werden muss. So lange diese Mechanismen gleich in beiden Richtungen zu Gunsten und zu Lasten des Kunden wirken, sind sie rechtlich unproblematisch. Denn nach dem Äquivalenzprinzip müssen Zinsänderungen sowohl nach unten als auch nach oben nach den gleichen Maßstäben erfolgen, eine Benachteiligung des Kunden darf dabei nicht eintreten. 

Allerding muss stets ein geeigneter Referenzzins herangezogen werden. Dieser muss öffentlich zugänglich sein, aus einer für Bank und Kunde unabhängigen Stelle stammen und nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt werden, damit keine Manipulationsmöglichkeit besteht. Euribor, Libor und EONIA[6] scheiden nach den Manipulationen von Investmentbankern damit wohl als zulässige Referenzzinssätze aus, obwohl gerade der Drei-Monats-Euribor noch weit verbreitet ist. Deren Manipulierbarkeit ist ja mittlerweile erwiesen, auch wenn das zumindest von Bankseite kaum jemand erwartet hätte. Deshalb sollten also Zinssätze aus einer amtlichen Statistik (z. B. Bundesbank-/EZB-Statistik) Verwendung finden. 


b) Zinsanpassungsklauseln

Bei den ebenfalls immer noch vorzufindenden Zinsanpassungsklauseln behält sich das Kreditinstitut in der Regel einen Ermessensspielraum (nach § 315 BGB) vor, wie es den Zinssatz anhand des Referenzzinses anpasst[7]. Da Zinsanpassungsklauseln einen Ermessensspielraum der Bank enthalten, können sie dazu verwendet werden, den Kreditnehmer unangemessen zu benachteiligen und sind AGB-rechtlich nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.

Nach dem vom BGH vertretenen Äquivalenzprinzip müssen Anpassungen in „beide Richtungen“ symmetrisch erfolgen, eine späte Anpassung zu Lasten des Kunden und eine frühe zu Gunsten der Bank oder umgekehrt wären also unzulässig. Ebenso unzulässig ist eine Margenerhöhung der Bank während der Laufzeit des Vertrages. Dies muss bereits in der Zinsklausel ausgeschlossen werden, der Kunde muss sich nicht auf ein redliches Verhalten der Bank bei Ausübung des Ermessens verlassen. 

Nach den Grundsätzen des AGB-Rechts, bei denen stets die kundenfeindlichste Auslegung bei der Klauselkontrolle angenommen wird und außerdem Unklarheiten nach der Unklarheitenregel immer zu Lasten des Verwenders wirken, müssen die Klauseln so formuliert sein, dass eine nachteilige Handhabung zu Lasten des Kunden ausscheidet. Dies wird bei allen Zinsanpassungsklauseln nicht möglich sein, die ein (Rest-)Ermessen der Bank beinhalten und sich nicht fest an einen Referenzzins anlehnen. 


5. Zwischenergebnis

Als einzig rechtssichere Möglichkeit, Ratingänderungen auf der Kundenseite zur Änderung des Vertragszinses heranzuziehen, bleiben ausschließlich Zinsgleitklauseln mit einem Referenzzinssatz aus einer amtlichen Statistik übrig. 

 

III. Zinsanpassung bei Ratingänderung der Bank

Zum Teil wurde und wird von Banken versucht, das Risiko des eigenen Ratings auf den Firmenkunden zu überwälzen. Denn wird ihr eigenes Rating schlechter, erhöhen sich die Refinanzierungskosten/Liquiditätskosten, während die Kundenkondition gleichbleibt. Die Marge der Bank sinkt also. Um dem entgegenzuwirken, wird versucht, in Kreditverträgen Klauseln zu vereinbaren, die eine Zinserhöhung beim Kunden vorsehen, wenn sich das Rating der Bank verschlechtert. Somit soll die Marge konstant bleiben. 

Eine solche Klausel wird jedoch einer AGB-Kontrolle nicht standhalten. Das Rating der Bank betrifft ausschließlich ihre Risikosphäre und es kann vom Kunden nicht beeinflusst werden. Eine solche Klausel wird daher den Kunden unangemessen benachteiligen und damit unwirksam sein. Die Bank muss also mit dem Kunden solche Vereinbarungen treffen und die Refinanzierung entsprechend gestalten, dass sie ihr Risiko der Ratingverschlechterung selbst auffangen kann. Möglich sind bei großen Kreditsummen direkte Refinanzierungen oder zumindest laufzeitkongruente Refinanzierungen. Auf der Seite des Kreditnehmers können dazu z. B. befristete Kredite vereinbart werden, die jährlich mit neuer Kondition verhandelt werden. 

Die Einpreisung des Ratingrisikos muss also bei Kreditabschluss innerhalb des fixierten Aufschlags der Bank erfolgen. Später darf auf Basis der oben skizzierten Zinsgleitklausel, die nur die Reaktion auf eine Referenzzinsänderung beinhalten darf, keine nachträglichen Margenerhöhung bzw. Margensicherung der Bank erfolgen – der anfänglich fixierte Aufschlag ist quasi „eingefroren“. Chancen und Risiken von Bonitätsveränderungen der Bank treffen damit ausschließlich sie selbst.  

 

IV. Externes oder internes Rating als Grundlage der Zinsanpassung

Anders ist die rechtliche Beurteilung, wenn es um das Ratingrisiko des Kunden geht. Denn seine Bonität liegt in seiner Risikosphäre, die Bank ist aufsichtsrechtlich gehalten, risikobasierte Preise zu vereinbaren und kann Ratingänderungen auf Kundenseite auf die Kondition durchschlagen lassen. Wie dies rechtssicher möglich ist, klären die folgenden Abschnitte. 

Im traditionell mittelständisch geprägten Firmenkundengeschäft in Deutschland liegen im Normalfall keine externen Ratings vor. Darum ziehen die Institute meist interne Ratings heran, um die Kreditwürdigkeit und Bonität des Kunden zu beurteilen. Von den Verbänden der Banken und Sparkassen werden „Säulen-Ratings“ zur Verfügung gestellt, die Verbände empfehlen also die Verwendung des jeweils eigenen Systems. 

Bei Ratings sind Nachhaltigkeitsrisiken zu berücksichtigen. Dazu hat die BaFin im Dezember 2019 ein Merkblatt veröffentlicht, wonach insbesondere bei der Erstprüfung einer Transaktion mit einem Kunden bzw. Investitionsobjekt mögliche Nachhaltigkeitsrisiken zu prüfen sind. Ratingsysteme müssen insoweit die quantitativen und qualitativen Kriterien möglicherweise erweitern, z. B. durch Einbeziehung einer Ökobilanz o. ä.[8]

 

1. Externes Rating

Bei der Vergabe von Krediten können externe Ratings von Ratingagenturen[9] genutzt werden. Der Aufwand und die damit verbundenen Kosten sind hier jedoch viel höher, so dass sich dies nur für wirklich große Unternehmen lohnt, z. B. bei einer angestrebten Finanzierung über den Kapitalmarkt.

Externe Ratings werden von Rating-Agenturen wie Standard & Poors, Moodys und Fitch angeboten, die zusammen über einen Marktanteil von ca. 95 % verfügen. Daneben gibt es auch mittelständische Agenturen wie Creditreform Rating, Euler Hermes Rating, Coface etc. Bei fehlerhaften externen Ratings kann über eine Haftung der Agenturen nachgedacht werden, sofern daraus ein Schaden entstanden ist[10].

Bei externen Ratings ist die Anknüpfung einer Zinssatzänderung an das Rating unproblematisch. Denn eine neutrale und von der Bank unabhängige Ratingagentur ändert das Kreditrisiko des Kunden. Hier können also ganz konkret bei einer Änderung um X Stufen Zinsanpassungen um Y % AGB-rechtlich im Wege einer Zinsgleitklausel in rechtlich zulässiger Weise vereinbart werden. Zum Referenzzins werden also Zinsaufschläge/Zinsabschläge definiert, um welche sich der Zinssatz (zusätzlich zu den Änderungen des Referenzzinses) parallel zur Ratingänderung ändert. 

 

2. Internes Rating

Interne Ratings verwenden neben den quantitativen Faktoren auch qualitative Faktoren, die in harte und weiche qualitative Faktoren unterteilt werden können. Bei harten qualitativen Faktoren besteht bei der Erfassung im Ratingsystem kaum ein Entscheidungsspielraum, da die Kriterien mit ja/nein beantwortet werden oder ein konkreter und nachprüfbarer Wert eingegeben wird. 

Bei den weichen qualitativen Faktoren besteht hingegen ein Entscheidungsspielraum. Zusätzlich können Warnsignale (überraschendes Ausscheiden einer besonders wichtigen Führungskraft) sowie die Wirkungen von Haftungsverbünden, z. B. aus Patronatserklärungen, Eingang ins Rating finden. 

Die mathematisch-statistische Gewichtung der einzelnen Faktoren führt dann zur Ratingnote. Im Neukundengeschäft könnte daraus auch die Ablehnung eines Kreditantrags resultieren, wenn die in der Risikostrategie hinterlegte Mindestratingnote nicht erreicht wird. Denn eine fundierte Kreditentscheidung ist den Banken und Sparkassen aufsichtsrechtlich vorgeschrieben (§§ 18, 25a KWG, MaRisk).

Etwas differenzierter ist die Rechtslage, wenn sich die Bank bei der Zinsanpassung in laufenden Kreditverträgen lediglich auf ein internes Rating stützt, was in der überwiegenden Zahl der Fälle in Ermangelung externer Ratings gängige Praxis ist. Regelungen in AGB müssen so gestaltet sein, dass sie den Kunden weder unangemessen benachteiligen noch für ihn intransparent sind. Dabei wird der gesamte Regelungskomplex betrachtet. Bezieht sich die Vertragsklausel auf ein technisches Verfahren, das von Seiten der Bank in den Vertrag einfließt, muss auch dieses Verfahren den Anforderungen des AGB-Rechts entsprechen. 

Will die Bank die Kondition des Kunden damit beeinflussen, muss das interne Rating für den Kunden transparent sein. Er muss also nachvollziehen können, welche Faktoren in das Rating einfließen, wie diese gewichtet werden und welche Ratingänderung dann welche Konditionenänderung auslöst. Das bedeutet nicht zwingend, dass sämtliche Algorithmen und finanzmathematischen Hintergründe erläutert werden, aber es muss für den Kunden verständlich sein, welche Änderungen welcher Parameter das Ergebnis wie beeinflussen[11]. Das kann auch bedeuten, dass die Bank Beispiele zur Verfügung stellen muss, damit der Kunde die Wirkung versteht. Dabei müssen die Zinsänderungen durch das Rating risikoadäquat ausfallen. Die Bank darf ihre Marge bei einer Ratingverschlechterung nicht über das erhöhte Risiko hinaus verschieben können, um mehr Marge mit dem Kunden zu erwirtschaften als zum Abschlusszeitpunkt des Kreditvertrags. 

Wären die Erläuterungen zum Rating auf der anderen Seite hochkomplex und würde der Kunde das System allein darum nicht verstehen, besteht wiederum die Gefahr der Intransparenz und damit der Unwirksamkeit. Letztlich wird diese Frage durch den BGH entschieden werden müssen. Bis dahin sollte die Bank im eigenen Interesse (und im Kundeninteresse sowieso) das Rating so verständlich und transparent wie möglich gestalten. 

Ratings, die – wie dies praxisüblich ist – aus einer Black-Box kommen, bei denen meist weder der Bankmitarbeiter noch der Kunde wissen, welche Änderungen sich wie auswirken, sind für eine Anknüpfung einer Konditionenänderung über eine Klausel in einem bestehenden Kreditvertrag untauglich. Eine solche Bezugnahme in einer Zinsänderungsklausel wäre intransparent, sie würde den Kunden unangemessen benachteiligen und einer AGB-Kontrolle durch die Gerichte nicht standhalten. 

Daran ändert auch nicht, dass bankinterne Ratingverfahren der aufsichtsrechtlichen Kontrolle unterliegen[12]. Diese bezieht sich auch nur auf aufsichtsrechtliche Vorgaben zum Risikomanagement und nicht auf die zivilrechtlichen Folgen bei der Vereinbarung als Basis einer Zinsanpassung in Kreditverträgen mit dem Kunden. 

 

V. Fazit

Bei Festzinsdarlehen ist eine Zinsanpassung aufgrund von Ratingänderungen generell ausgeschlossen. Auch eine Kündigung des Darlehens ist aus diesem Grund nicht möglich.

Bei variabel verzinslichen Darlehen sind Klauseln zur Zinsanpassung bei Veränderung des Ratings nur dann möglich, wenn das Rating extern ist oder das interne transparent gemacht wird und somit vom Kunden nachvollzogen werden kann. Angehängt werden kann die Ratingänderung an eine Zinsgleitklausel, die sich an einem zulässigen Referenzzinssatz orientiert. Theoretisch kann die Ratingänderung auch den einzigen Parameter darstellen, welcher Einfluss auf den Zinssatz – des dann immer noch variablen Darlehens – hat. 

Aus Sicht der Bankpraxis ist dieses rechtliche Ergebnis nicht unproblematisch. Die Bank wird den Ratingmechanismus nicht offenlegen wollen, weil dem Kunden damit betriebsinterne Beurteilungskriterien bekannt werden. Firmenkunden würden tendenziell Kennzahlenoptimierung betreiben, um über ein verbessertes Rating zu günstigeren Kreditkonditionen zu gelangen. 

Damit bleibt nur die befristete Finanzierung/Zinsfestschreibung mit einer wirklichen Neuverhandlung der Kondition nach Ablauf des Vertrages oder nach Ablauf der Zinsfestschreibung. Das Ersetzen der Neuverhandlung durch ein formularmäßig vorgesehenes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB wäre zwar für die Prozesse in der Bank ideal, genügt den rechtlichen Anforderungen jedoch auch wieder nicht, da die Bank hier wiederum ein Ermessen hätte, dessen Ausübung den Kunden am Ende benachteiligen könnte. 

 

PRAXISTIPPS 

  • Das Ratingrisiko der Bank selbst kann formularmäßig in einem Kreditvertrag nicht auf den Kreditnehmer abgewälzt werden.
  • Ratingänderungen auf Kundenseite sind formularmäßig dann auf den Preis und damit den Zinssatz eines variablen Darlehens übertragbar, wenn die Änderung transparent erfolgt. Dies wird durch ein externes Rating gewährleistet sein. 
  • Aber auch ein internes Rating kann als Grundlage einer Zinsänderung in einem laufenden Vertrag genutzt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Parameter, die grundsätzliche Rechenweise und der Einfluss von Veränderungen der Parameter auf das Ergebnis transparent und damit für den Kunden verständlich im Vertrag niedergelegt werden. 
  • Die (externen oder transparenten internen) Ratingänderungen müssen über eine Zinsgleitklausel auf den Vertragszins übertragen werden, die sich auf einen amtlichen Referenzzins stützt, um nicht das Risiko der AGB-rechtlichen Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel einzugehen. 

[1] Dazu Münster, ForderungsPraktiker 2019 S. 106 ff. und Rösler/Wimmer, BKR 2020 S. 236 ff.

[2] Im Einzelnen Jakl, in: beck-online, Großkommentar-BGB, Stand: 01.01.2020, § 138 Rdnr. 21 ff.; BGH v. 12.04.2016 – XI ZR 305/14; BGH v. 02.11.1989 – III ZR 144/88, NJW-RR 1990 S. 179; BGH v. 11.01.1995 – VIII ZR 82/94, NJW 1995 S. 1.019.

[3] Dieser noch heute allgemein geltende Vertragsgrundsatz geht auf einen im altrömischen corpus iuris canonici wiedergegebenen Beschluss des Konzils von Karthago (348 n. Chr.) zurück, vgl. u. a. Söllner in: Münchener Kommentar, § 305 Anm. 5

[4] Vgl. statt aller BGH v. 01.10.1975, NJW 1976 S. 142.

[5] Ausführlich dazu Krepold in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rdnr. 69 ff.

[6] Ausführlich zu den Referenzzinsen Krepold in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rdnr. 25 ff.

[7] Lange in Nobbe (Hrsg.): Kommentar zum Kreditrecht, 3. Aufl. 2918, § 488 Rdnr. 46.

[8] Dazu Rösler/Wimmer, BKR 2020 S. 236 ff.

[9] Dazu auch Kolassa in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 5. Aufl. 2017, § 137 Rdnr. 32 ff.

[10] Dazu ausführlich Krämer in: Bankrechtstag 2004, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, 2005, S. 3 (19 ff.)

[11] Ähnlich Langenbucher, Bankrechtstag 2004, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, 2005, S. 63, 77 ff.

[12] A. A. Lange in Nobbe (Hrsg.): Kommentar zum Kreditrecht, 3. Aufl. 2918, § 488 Rdnr. 57.


Beitragsnummer: 9455

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