Freitag, 23. November 2018

Sicherheitenfreigabe nach Darlehenswiderruf

Andrea Neuhof, Rechtsanwältin, Thümmel, Schütze & Partner

BGH, Urt. v. 10.07.2018, Az. XI ZR 500/16.

Nach erfolgtem Darlehenswiderruf hatten die Kläger vorliegend die Abtretung der als Kreditsicherheit gewährten Grundschuld gem. §§ 1154, 1192 Abs. 1 BGB aus dem entstandenen Rückgewährschuldverhältnis begehrt. Der BGH hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auf Abtretung der Grundschuld – untechnisch gesprochen: auf Freigabe der Sicherheit – stets aus der Sicherungsabrede und nicht etwa aus einem etwaigen Rückgewährschuldverhältnis betreffend die Darlehensvertragsbeziehung herzuleiten wäre. Für das weitere Verfahren hat der BGH darauf hingewiesen, dass zunächst Feststellungen zur Reichweite der Sicherungsabrede zu treffen sind, und auf dieser Grundlage sodann geprüft werden muss, ob der Bank noch Ansprüche aus dem Darlehensvertrag nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB oder wegen des ggf. wirksamen Darlehenswiderrufs nur noch (mitgesicherte) Ansprüche aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF. i. V. m. §§ 346 ff. BGB zustehen. Ferner sei zu prüfen, ob im Laufe der Darlehensvertragsbeziehung eine Übersicherung eingetreten sei, so dass den Klägern unter Umständen zumindest ein Anspruch auf teilweise Rückgewähr der Grundschuld zustehe. Überdies hat der BGH nochmals explizit darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld aus der Sicherungsabrede im Sinne einer beständigen Vorleistungspflicht regelmäßig durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingt ist.

PRAXISTIPP

Bei Prüfung eines „Sicherheitenfreigabebegehrens“ ist zunächst zu klären, wie weit der Sicherungszweck der Sicherheit gefasst ist. Soweit von einem wirksamen Darlehenswiderruf auszugehen ist, ist zu beachten, dass der BGH bereits mit Beschluss vom 17.01.2017 (Az. XI ZR 170/16) entschieden hat, dass grundsätzlich auch Ansprüche der Bank im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses nach Darlehenswiderruf vom Sicherungszweck der als Darlehenssicherheit bestellten Grundschuld umfasst sein können. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob ggf. noch weitere Forderungen der Bank – etwa aus anderweitigen Darlehen, die derzeit unter Umständen gar nicht im Focus der Beteiligten stehen – von der gegenständlichen Sicherheit mitgesichert werden. Erst wenn alle gesicherten Ansprüche der Bank vollständig erfüllt sind, kann mit Verweis auf die Sicherungsabrede und den entfallenen Sicherungszweck die vollständige Sicherheitenfreigabe verlangt werden. Sollte die Sicherheit dagegen nach Wegfall oder Erfüllung lediglich eines Teils der gesicherten Verbindlichkeiten noch teilweise valutieren, kommt ein Teilfreigabeanspruch in Betracht. Im Falle der Grundschuld kann dieser etwa durch Teilung der Grundschuld und Abtretung eines (nachrangigen) Grundschuldteils erfüllt werden.

SEMINARTIPPS

19. Heidelberger Bankrechts-Tage, 21.10.–22.10.2019, Heidelberg.

Kreditsicherheiten-Tagung, 02.–03.12.2019, Frankfurt/M.



Beitragsnummer: 965

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